Literaturnobelpreis:Louise wer?

Lesezeit: 2 Min.

Lebte mit Madonna zusammen: Louise Glück, geborene Hinckle. (Foto: Niklas Elmehed/Nobel Media)

Louise Glück wollte schreiben, dafür tat sie alles. Also quasi. Eine satirische Würdigung.

Glosse von Alexander Gorkow und Willi Winkler

Dass auf Nachfrage am Donnerstag nur einer von vielen Kennerinnen und Kennern jemals einen Text von Louise Glück gelesen hatte, spricht nicht gegen Louise Glück. So verzehrt sich zum Beispiel das Nobelpreiskomitee seit je her nach der Lyrik der Autorin. Es war nur eine Frage der Zeit, bis Stockholm zuschlagen und den Feuilletons eine Nase drehen würde.

Louise Elisabeth Glück ist eine Cousine des französischen Dialektikers Alois (sprich: Aloah) Glück, mit dem sie zwischen 1971 und 1972 in Yale und Saint Girons Plage den transatlantischen Thinktank "Adventure? Aventure!" betrieb. Deutliche Spuren hat sie in Leben und Werk vieler Zeitgenossen hinterlassen.

In ihrem Elternhaus hingen keine Gainsboroughs, niemand spielte Chopin, als die kleine Louise 1943 in Nashville als Patricia Hinckle das Licht der Welt erblickte, es gab nicht mal Licht, da die Stadt den Strom abgedreht hatte, weil die Rechnung wieder nicht bezahlt war. Ihren Vater lernte sie nie kennen, "ein Schmalzsänger", sagte die verbitterte Mutter. Mit 14 haute Louise ab. Sie ging nach New York, jobbte als Frisuren-Model, Pflastermalerin und dealte.

Vom französischen Cousin Alois entlehnte sie den Nachnamen

Sie wollte schreiben, und dafür tat sie alles. Sie unterstützte Norman Mailer, als der Bürgermeister von New York werden wollte; in seinem Roman "Harte Männer tanzen nicht" hat Mailer sie porträtiert. Kurze Zeit wohnte Pat Hinckle, wie sie sich noch nannte, mit einem extrem ehrgeizigen Mädchen aus dem Mittleren Westen zusammen, das als Background-Sängerin bei Patrick Hernandez ("Born to be alive") über beste Kontakte verfügte: Madonna Louise Ciccone. Ihr klaute Pat den zweiten Vornamen. Vom französischen Cousin Alois entlehnte sie den Nachnamen. Fertig war: Louise Glück. Madonna verspottete ihre WG-Genossin später als "verklemmte Ziege", 1982 widmete sie ihr "Like A Virgin".

Eine Affäre mit Paul Auster folgte, Andy Warhol porträtierte die beiden, John Cale und Nico verewigten das meist schweigende Paar Auster/Glück in dem 23 Minuten langen Song "Grim Couple, Soufflé Numéro 1". Dann: Stipendium in Yale, wo sie Visiting Professor Jacques Derrida überzeugte, so dass er sie mit nach Paris nahm.

Derridas Theorie der "nichteinholbaren Gleichzeitigkeit", die bisher auf Heideggers Einfluss ("Sich immer schon vorweg sein bei") zurückgeführt wurde, entstand in Wahrheit bei Gesprächen zwischen Derrida und Glück in Nanterre. Claude Goretta wollte sie statt Isabelle Huppert als "Spitzenklöpplerin", aber Louise Glück lag mit zerkratztem Gesicht im Krankenhaus. Siri Hustvedt war ihr nachgereist und hatte ihr aufgelauert, als sie aus dem Café de Flore kam. Louise Glück war nun der dernier cri in Paris, eine Begegnung mit Uwe Johnson in Sheerness on Sea endete im Chaos.

Der Rest ist Geschichte.

Louise Glück lebt heute zurückgezogen in Saint Girons Plage, wo sie um die Jahrtausendwende mit Cousin Alois die Sommerresidenz des Konfitüren-Moguls Jacques Vitrac erwarb.

© SZ vom 09.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Literaturnobelpreis für Louise Glück
:Kitschalarm, Stufe: Rot

In Deutschland ist sie nahezu unbekannt, in den USA mit allen wichtigen Auszeichnungen behängt. Louise Glück erhält für ihre konservativen Gedichte jetzt auch den Nobelpreis. Hätte es nicht stärkere Dichterinnen und Dichter gegeben?

Von Tobias Lehmkuhl

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: