"Looper" im Kino:In prekärer Beziehung zu sich selbst

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Science Fiction als smarte Independent-Produktion: In "Looper" entwickelt Regisseur Rian Johnson eine Version der Zukunft, in der ältere Menschen ihr jüngeres Selbst mittels Zeitreisen umbringen. Die Dinge geraten aus dem Lot, als sich Old Joe (Bruce Willis) partout nicht von Young Joe (Joseph Gordon-Levitt) umnieten lassen will. Das klingt nach Action, doch der Film formuliert auch eine Wahrheit für den Hausgebrauch.

Tobias Kniebe

Bruce Willis als älterer Joe (links) und Joseph Gordon-Levitt als junger Joe in "Looper" von Rian Johnson. (Foto: dapd)

Dies ist ein Science-fiction-Film, der zum Teil im Jahr 2074 spielt, und wie jeder anständige Science-fiction-Film erfindet er seine eigene Version der Zukunft. In dieser hier gibt es zum Beispiel Zeitreisen, die allerdings per Gesetz verboten sind. Das ist aber noch nicht der entscheidende Punkt. Der Punkt ist, dass Bürgerkriege und Massensterben und Bandengewalt offenbar soweit besiegt sind, dass jede - aber auch wirklich jede - menschliche Leiche Alarm auslöst.

Dank neuer biotechnischer Überwachungsverfahren ist es selbst Verbrecherorganisationen unmöglich, jemanden zu töten und dann einfach verschwinden zu lassen. Bis ein smarter Mafiosi auf die Idee mit den "Loopern" kommt. Diese Idee, soviel Zeit muss sein, wird in fünf Stadien verwirklicht.

Erstens basteln wir uns eine illegale Zeitmaschine. Zweitens schicken wir damit einen Unterboss namens Abe (Jeff Daniels) dreißig Jahre zurück ins Jahr 2044, wo in Amerika, genauer gesagt in Kansas, wilde und gesetzlose Zustände herrschen. Drittens heuert dieser Abe dort ein paar junge Männer mit Waffen an, die keine Skrupel kennen, und tauft sie "Looper". Viertens schicken wir alle, die wir im Jahr 2074 loswerden wollen, mit der Zeitmaschine dreißig Jahre zurück, wo die Looper schon warten und die Zeitreisenden direkt nach der Ankunft erschießen und verbrennen. Was dort aber niemanden interessiert. Dafür kriegen die Looper viel Geld. Fünftens schicken wir altgewordene Looper, die zuviel wissen, auch wieder mit der Zeitmaschine zurück, damit sie ebenfalls getötet werden - und zwar von ihrem jüngeren Selbst.

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Klingt kompliziert - aber für einen jungen Looper wie Joe Simmons (Joseph Gordon-Levitt) wird dann doch ein einfacher Plan daraus: Du erledigst ein paar Jahre die schmutzige Arbeit mit der Waffe, was dir insofern nicht schwer gemacht wird, als die Opfer Säcke über dem Kopf tragen und gefesselt sind, du brauchst sie nur umzunieten in der Sekunde, wo sie ankommen.

Einer, den du dann umnietest, bist du irgendwann selbst, nur eben um dreißig Jahre gealtert. Aber das ist vorher klar, das ist Teil des Deals. Danach kriegst du eine stolze Abfindung und lebst noch dreißig Jahre lang als reicher Privatier, bevor dich das unvermeidliche, von dir selbst besiegelte Ende ereilt.

Arroganz der Jugend gegen die Erkenntnis des Alters

Blöd nur, wenn dein älteres Selbst plötzlich keinen Sack über dem Kopf trägt, sondern wie Bruce Willis aussieht und partout nicht sterben will. Du zögerst eine Sekunde, schon ist der Todgeweihte, nennen wir ihn Old Joe, geflüchtet. Und jetzt weißt du, dass Abe und seine Männer dich jagen und exekutieren werden, Doppelexistenzen sind nun mal gar nicht erlaubt. Wenn sie dir eine Kugel in den Kopf jagen, dann löst sich auch Old Joe in Luft auf, egal wo er sich gerade versteckt. Er muss also darauf achten, dass es dir gut geht. Du hingegen kannst immer noch dreißig angenehme Jahre gewinnen, wenn du ihn rechtzeitig tötest. Eure Beziehung ist einigermaßen prekär.

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Obwohl das gesetzlose Kansas hier glaubwürdig futuristisch aussieht, ist dieser Film von Rian Johnson im Herzen eine smarte Independent-Produktion. Der Spaß besteht also vor allem in Szenen wie jener, in denen Young Joe und Old Joe sich im Diner gegenübersitzen und ihre Lage diskutieren. Dabei steht dann die Arroganz der Jugend gegen die Erkenntnis des Alters.

Außerdem kommt heraus, dass Old Joe vor allem deshalb noch lebt, weil er in der Gegenwart etwas erledigen will, was in der Zukunft sehr viele Menschenleben retten könnte. Und Young Joe muss entscheiden, ob er an diese Mission glaubt. Wer zu lange über die Logik des Ganzen nachdenkt, kann sich das Hirn verknoten und selbst in eine Denkschleife (alias Loop) geraten, aus der es kein Entkommen mehr gibt.

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Wahrheit für den Hausgebrauch

Also lehnt man sich besser zurück und stellt nicht zu viele Fragen. Das Gute an diesem Szenario ist aber, dass hier selbst kleinsten Ursachen größte Wirkungen haben können, und auf einmal hängt das Schicksal der Welt an einem zehnjährigen Jungen, der mit seiner Mutter (Emily Blunt) auf einer abgelegenen Maisfarm lebt. Dort verweilt dann auch der Film, dort formuliert er seine großen Dilemmata, die ganze Zukunft spielt auf einmal nur noch im Kopf.

Was die traditionell in Kansas angesiedelte "Wizard-of-Oz"-Sehnsucht nach bunten Parallelwelten angenehm umkehrt - und sogar eine Wahrheit für den Hausgebrauch formuliert: Den gewaltigsten Einfluss auf das Morgen haben wir immer noch, wenn wir uns im Heute um die Seelen unserer Kinder kümmern.

LOOPER, USA 2012 - Regie und Buch: Rian Johnson. Kamera: Steve Yedlin. Schnitt: Bob Ducsay. Musik: Nathan Johnson. Mit Bruce Willis, Joseph Gordon-Levitt, Emily Blunt, Jeff Daniels. Verleih: Concorde, 119 Minuten.

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