"Logan Lucky" in der SZ-Cinemathek:Ehrlichkeit rentiert sich eh nicht

LOGAN LUCKY; Logan Lucky

Die Familie Logan (von links: Channing Tatum, Riley Keough und Adam Driver) will ihrem finanziellen Glück etwas nachhelfen.

(Foto: Fingerprint Releasing/Studiocanal)

Der Regisseur Steven Soderbergh wollte eigentlich in Kinorente gehen, jetzt meldet er sich zurück. "Logan Lucky" ist ein irrwitziger Gaunerfilm im verwahrlosten Hinterland der USA.

Von Susan Vahabzadeh

Es gibt Gegenden in der Welt, die haben alles, nur kein Glück. Die Straßen, durch welche die kleine Bande in "Logan Lucky" fährt, führen durch dichte Wälder, die Natur scheint noch überall intakt zu sein. Nur Geld hat hier keiner.

Im richtigen Leben fühlen sich die Menschen im südlichen Hinterland der USA vergessen, daran erinnern sie alle anderen seit geraumer Zeit ständig. Steven Soderbergh hat, um die schnelle Rückkehr aus seiner Frühverrentung vor erst vier Jahren zu feiern, ein Heist-Movie in den Appalachen gedreht. Eine kleine Stadt in West-Virgina, alles ist ein bisschen ärmlich, besonders die Bar, in der der einarmige Barkeeper Clyde Logan (Adam Driver) hinter der Theke steht. Eine Plastikprothese, bei deren Anblick man der ganzen Gegend dringend eine bessere Krankenversorgung wünscht. So weit denken die Logans gar nicht. Der ganze Clan fühlt sich vom Pech verfolgt.

Den Arm hat Clyde im Irakkrieg verloren, sein Bruder Jimmy (Channing Tatum) hat gerade mal wieder einen Job auf einer Baustelle vergeigt - der alten Football-Verletzung wegen, die er selbst tapfer ignoriert. Seine Ex-Frau will wegziehen, er hat eine Schulaufführung seiner Tochter vergessen, und weil die Logans schon länger glücklos sind in Geld- und Liebesdingen, warten die beiden nur darauf, dass es die kleine Schwester Mellie (Riley Keough) auch noch erwischt. Verzweiflung macht erfinderisch und mutig, Ehrlichkeit hat sich eh nicht rentiert. Wie wäre es also, wenn die ganze Familie beim nächsten Nascar-Rennen die Getränkekasse ausnimmt? Am Kühlschrank im Trailer, in dem die Logans wohnen, hängt sowieso schon eine kleine Checkliste für künftige Räuber: Habe einen Plan. Und habe einen Plan B. Clyde ist skeptisch - für Jimmys letzten Plan hat er sechs Monate gekriegt.

Ein Sommerwochenende ist dafür ideal, Memorial Day. Sehr viel Geld in sehr kleinen Scheinen wird da eingenommen und verstaut. Man bräuchte dafür nur einen Safe-Knacker, und so einen kennt Jimmy auch. Joe Bang (Daniel Craig) sitzt allerdings im Knast. Was Jimmy sich ausgedacht hat, klingt irgendwie irre, aber während sich das alles auf der Leinwand entfaltet, kommt es einem ganz plausibel vor. Sogar der Gummibärchen-Twist, der im Mittelteil das Gelingen garantieren soll. Aber man sollte nicht zu viel verraten.

Ein ziemlich exquisiter Cast hat sich da also zusammengefunden, bald kommt noch Hillary Swank dazu, als ausgebuffte FBI-Agentin. Channing Tatum scheint eigentlich immer mehr oder weniger dieselbe Rolle zu spielen, den deprimierten Ex-Partylöwen. Aber Daniel Craig und Adam Driver scheinen großen Spaß zu haben an der Kostümierung, an einem Spiel, bei dem es nur um Spaß geht, in Abwesenheit der großen Maschine, welche die beiden im Bond- oder "Star-Wars"-Universum um sich herum haben. "Logan Lucky" ist ein kleiner Film, jenseits von Hollywood entstanden. Er hat also kein Geld, sondern bloß Charme, und der drollige Clyde und der ungelenk polternde Joe Bang sind dafür unentbehrlich.

Joe und die Logans sind Verlierer

Ganz nonchalant stellt Soderbergh sein Personal vor und ihren Plan. Natürlich hat man seine "Ocean's"-Filme mit George Clooney im Hinterkopf, das hier ist anders, hat aber die gleiche Raffinesse. Aber Frank Ocean und sein Team sind Sieger, cool und schön und überall da in der Welt zu Hause, wo der Jetset auch vorbeikommt. Joe und die Logans sind Verlierer, denen nichts anderes übrig bleibt, als das Schicksal, das ihnen keinerlei Vorteil verschafft hat, übers Ohr zu hauen.

Daniel Craig spielt mit seiner gelb gefärbten Bürstenfrisur einen absoluten Anti-Bond

Was das mit der Schönheit betrifft, hat die Provinz offensichtlich grausam Tribut gefordert. Alles wirkt etwas unzeitgemäß, aber eher wie ganz üble Siebziger, wo sich Frank Ocean die Rosinen aus einem nur bedingt stilsicheren Jahrzehnt herausgepickt hat, das, musikalisch und in der Szenerie und in den Kostümen und vor allem durch filmische Bezüge schon viele Filme von Soderbergh inspiriert hat.

Den guten Geschmack hat die Logan- Truppe jedenfalls nicht gepachtet. Joe hat mit James Bond beispielsweise nur sehr wenig Ähnlichkeit, was vorwiegend an der gelb gefärbten Bürstenfrisur liegt; Mellie scheint einem Modemagazin von 1985 blind zu vertrauen. Und der Bösewicht, der sich der Bande immer wieder in den Weg stellt - ein unfassbarer Anblick: Seth McFarlane spielt einen arroganten englischen Softdrink-Mogul, dessen Stilikone Gary Glitter zu sein scheint.

Was nun die vergessenen Bewohner südlicher US-Provinzen betrifft: Die fühlten sich mehrheitlich von "Logan Lucky" eher beleidigt als liebevoll geneckt, was für einen Mangel an Selbstironie spricht. Von den Outfits einmal abgesehen, sind die Logans einfach herrlich. Joe Bangs Verwandtschaft ist da eher ein bisschen schwierig. Er gibt nepotistischen Neigungen nach und zwingt die Logans, auch seine Brüder anzuheuern, und die bringen den Raubzug dann fast zu Fall.

Dabei ist Jimmys Plan perfekt. Dass Joe im Knast sitzt, ist der Clou. Wenn sie es auch wieder hineinschaffen, gibt es kein besseres Alibi als das: Hey, was wollen Sie von mir? Ich war die ganze Zeit im Kittchen. Das ist der Vorteil, wenn Leute aussehen wie Verlierer: Sie werden unterschätzt. Und das ist eigentlich ideal.

Logan Lucky, USA 2017 - Regie, Kamera, Schnitt: Steven Soderbergh. Drehbuch: Rebecca Blunt. Mit: Channing Tatum, Daniel Craig, Adam Driver, Riley Keough, Katie Holmes, Hillary Swank. Studiocanal, 92 Minuten.

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