Little Britain:Sind so kleine Füße

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Gary Barlow,  Bandmitglied der Popgruppe "Take That". (Foto: REUTERS)

Unser Kolumnist hat die gleiche Schuhgröße wie Günter Netzer. Was in aller Welt soll er mit den abgelegten Tretern von Gary Barlow anfangen? Zumal es sich um rote Stiefeletten handelt.

Von Christian Zaschke, London

Umgehend musste ich an Woody Guthries Klassiker "Who's gonna shoe your pretty little feet" denken, als mir in dieser Woche das Paar roter Stiefeletten angeboten wurde, das Gary Barlow auf der "Ultimate Tour" getragen hat. Ich summte das Lied vor mich hin, während ich das Internet anwarf, um mal zu schauen, was es mit dieser "Ultimate Tour" auf sich hat. Schnell ermittelte ich, dass es sich um eine Reunion-Tour der Band Take That aus dem Jahr 2006 handelt. Take That wiederum ist der Name einer freundlichen Schnulzengruppe, die sich 1996 aufgelöst hatte. Barlow trug die Stiefeletten bei der Reunion-Tour allabendlich, während die Band das Lied "Relight my Fire" zum Vortrag brachte. Leider sind rote Stiefeletten nicht ganz mein Stil. Das zweite Problem: Gary Barlow trippelt auf eher zarten Füßen durch die Welt, während ich die gleiche Schuhgröße wie Günter Netzer habe. Das bedeutet unter anderem, dass ich in meinem Leben von besonders witzigen Menschen bisher knapp 12 500 Mal augenzwinkernd gefragt worden bin, wie es sich denn auf so großem Fuße lebe. Immerhin habe ich nicht die gleiche Frisur wie Günter Netzer.

Ich sollte wohl noch erwähnen, dass die roten Stiefeletten nicht nur mir angeboten worden sind. Sie wurden allen Unterstützern einer Stiftung für Menschen mit Lernschwäche offeriert. Das höchste Gebot gewinnt, die Auktion läuft noch bis Sonntagabend. Dass ich zu diesem erlesenen Kreis zähle, kommt so: Neulich hat der hervorragende Richard Hawley ein Konzert in einer Londoner Kirche gegeben. Es war ein Auftritt in einer Reihe namens "Little Noise". Hawley allein mit Gitarre, ich hätte das gern gesehen. Aber natürlich gab es kaum noch Karten, als ich Wind von der Sache bekommen hatte, und um den kargen Rest musste man sich bewerben. Ich fand heraus, dass das Konzert von einer Stiftung veranstaltet wurde, die sich um Menschen mit Lernschwäche kümmert. Weiterhin fand ich heraus, dass bevorzugt Unterstützer der Stiftung Karten bekommen. Umgehend überwies ich eine hübsche Spende.

Ich weiß, es war moralisch nicht ganz blitzsauber, nur zu spenden, um an Karten zu kommen. Allerdings war es moralisch auch nicht ganz blitzsauber, erst den Eindruck zu erwecken, als Spender habe man die Karten quasi in der Tasche, sich dann in wochenlanges Schweigen zu hüllen und mir nun statt der Tickets für Hawley die Schuhe von Barlow anzubieten. "Who's gonna shoe your pretty little feet", summte ich, als ich ein Gebot von zehn Pfund für die Stiefeletten abgab. Die Everly Brothers haben es gecovert, der große Willy de Ville und natürlich Richard Hawley, der ganz mühelos die beste Version dieses wirklich schönen Liedes eingesungen hat.

© SZ vom 08.12.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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