Little Britain:Großes Hollywood-Ding

Douglas Fairbanks sen. in "Das Zeichen des Zorro"

Douglas Fairbanks sen. in "Das Zeichen des Zorro" (1920) - Fechten scheint auch nun wieder im Trend.

(Foto: Süddeutsche Zeitung Photo)

Das Training in seinem Fechtklub nimmt der stets erstaunliche G. momentan etwas zu ernst - und bezahlt mit Schmerzen. Doch was soll's. Hollywood sucht schließlich Männer, die richtig was hermachen.

Von Christian Zaschke, London

Der stets erstaunliche G. geht derzeit ein bisschen zu breitbeinig. Manchmal stöhnt er leise und sagt: "Diese Schmerzen." Manchmal stöhnt er laut und benutzt Schimpfwörter, deren Existenz mir bisher vollkommen unbekannt war. Es sind Schimpfwörter von betörender Klarheit, sie sind nahezu lupenrein.

In dieser Woche wollte G. "zum Spanier" gehen, um "gemütlich" eine "Kleinigkeit" zu essen. G. wollte noch nie "zum Spanier", und er wollte auch noch nie "gemütlich" eine "Kleinigkeit" essen. Er geht gern in Pubs, in denen er einige schöne Biere zu sich nimmt. Ins Artillery Arms, ins Seven Stars, ins Jamaica Wine House, ins Ye Olde Mitre, in den Eagle oder ins Tom Cribb, benannt nach dem legendären englischen Boxer, der sich im frühen 19. Jahrhundert zum Weltmeister ausrief und immer ein bisschen zu breitbeinig ging, weil er vor Kraft kaum laufen konnte. Der stets erstaunliche G. erklärt seinen neuen Gang hingegen damit, dass er seit Kürzestem wieder am Training seines Fechtklubs teilnimmt und ihm deshalb die Beinmuskeln brennen.

Beim Spanier sank er leise stöhnend auf den Stuhl und sagte zufrieden: "Diese Schmerzen." Er aß gemütlich eine Kleinigkeit, hin und wieder stieß er makellose Flüche aus, was bei den spanischen Kellnerinnen sehr gut ankam. Wenn G. breitbeinig und für einen Mann mit brennenden Muskeln erstaunlich behende zur Toilette schritt, schauten sie ihm versonnen nach. Mich beachteten sie nicht. "Vielleicht fichst du zu viel, wenn du jetzt solche Schmerzen hast", brummte ich. "Mitte Oktober ist Casting", sagte G. lächelnd, "bis dahin muss ich in Topform sein."

Ich hatte das Wort Casting gehört, aber ich fragte nicht. "Großes Hollywood-Ding", führte G. ungefragt aus, "dafür suchen sie noch erfahrene Fechter, die richtig was hermachen." "Hmhm", sagte ich. "Vorne im Bild ficht der Held, und weiter hinten föchte ich, wenn sie mich nähmen", erzählte G. "Spielt da außer dir noch jemand mit, den man kennt?", knurrte ich. "Helena Bonham-Carter, Cate Blanchett", sagte G. "Das ist schön", erwiderte ich. G. grinste ein Dennis-Hopper-Grinsen: "Regie führt . . .", das Grinsen wurde Jack-Nicholson-breit, ". . . Kenneth Branagh." Ich stöhnte. Hollywood-Star G. Ich sah es genau vor mir, und ich versuchte, mir meinen Neid nicht anmerken zu lassen.

"Die haben gefragt, ob ich auch nackt fechten würde", sagte G. "Nackt?", fragte ich. "Nackt", sagte G., der ganze Mann eins mit sich selbst. "Hat der Film auch einen Namen?", fragte ich. G. beugte sich über den Tisch, senkte seine Stimme und raunte für die spanischen Kellnerinnen unhörbar: "Cinderella."

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