Literaturnobelpreis:Das Los des "roten" Menschen

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Voller Sorge blicken die Schweden derzeit nach Russland. Entsprechend groß war das Interesse daran, was Swetlana Alexijewitsch bei ihre Nobelpreisvorlesung zu sagen hatte.

Von Thomas Steinfeld

Die Kandidatin hatte ein Geschenk mitgebracht. Als die Nobelpreisträger des Jahres 2015 am vergangenen Sonntag zum ersten Mal in Stockholm zusammenkamen, zu einem beinahe informell wirkenden Treffen, überreichte Swetlana Alexijewitsch ihren Gastgebern ein Geschenk: einen der fünf Kassettenrekorder, auf denen sie die Gespräche, die ihren fünf Büchern zugrunde liegen, aufgezeichnet hatte. Das Gerät wird künftig im Museum der Nobelstiftung aufbewahrt werden, als gleichsam doppelt konnotierte Gabe: Denn einerseits ist dieser Apparat selbstverständlich etwas Technisches, das in exakt gleicher Gestalt in Tausenden Exemplaren hergestellt wurde und dem zeitgemäßen Journalismus als unentbehrliches Werkzeug dient. Und andererseits ist der Rekorder ein Stellvertreter für das Ohr, jedenfalls solange die Maschine läuft, und ebenso, wie man das Ohr (im Unterschied zum Auge) nicht schließen kann, so zeichnet der Apparat alle Geräusche auf, die in Reichweite seines Mikrofons hervorgebracht werden. Swetlana Alexijewitsch hatte ihr Geschenk mit Bedacht gewählt. Es ist hoch symbolisch und persönlich zugleich.

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