Literaturfest:Träume mit Krokodil

Catherine Millet und Ijoma Mangold über Kindheiten

Von Antje Weber

Sehr viel scheinen diese Autoren nicht gemeinsam zu haben, außer dass sie beide Kritiker sind und auf ungewöhnliche Kindheiten zurückblicken. Sie hören einander beim Forum:Autoren im voll besetzten Literaturhaus-Saal jedenfalls interessiert zu: Zeit-Literaturchef Ijoma Mangold und Catherine Millet, Chefredakteurin einer französischen Kunstzeitschrift und seit einem autobiografischen Buch über ihre sexuellen Vorlieben auch kunstfernen Kreisen bekannt. Beide haben nun sehr offen über ihre Kindheiten geschrieben: Millet in "Traumhafte Kindheit" über ein Aufwachsen mit zerstrittenen Eltern in den Fünfziger- und Sechzigerjahren bei Paris; Mangold in "Das deutsche Krokodil" über eine Jugend im Heidelberg der Siebziger/Achtziger als ein "Mischlingskind", wie man damals sagte, das überangepasst in deutscher Kultur aufgehen wollte.

Zwei Generationen, zwei Welten - und auch im Gespräch mit Moderatorin Julia Encke zahlreiche Unterschiede: Mangold wirkt lebhaft, Millet kontrolliert kühl. Mangold nannte seine Mutter auch als Erwachsener noch Mama, Millet hasst so etwas. Mangold hat noch keine Psychoanalyse gemacht, Millet schon: "Das hat viele Erinnerungen wieder wachgerufen." Mangold wollte sich im Schreiben nicht befreien, sondern ausprobieren: "Die Selbstverunsicherung interessiert mich." Für Millet dagegen ist das Schreiben ein Selbstermächtigungsakt. Und es ist ihr wichtig, allen Frauen eine Botschaft mitzugeben: "Denkt euch nicht als Opfer - sondern als Heldinnen!"

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