Literaturfest:Reden über Afrika

Bundespräsident Köhler bei Karlheinz Böhm in Äthiopien

Ein Afrika-Kenner: der frühere Bundespräsident Horst Köhler.

(Foto: Wolfgang Kumm/dpa)

Horst Köhler spricht bei der 57. Bücherschau über das große Ganze - ein Abend, wie er Henning Mankell wohl gefallen hätte

Von Stefan Sommer

Man bekommt einen Bundespräsidenten aus dem Amt, aber nicht das Amt aus einem Horst Köhler. Der ehemals höchste Repräsentant der Bundesrepublik Deutschland ist als Stargast und "guter Freund Henning Mankells" in den Carl-Orff-Saal des Gasteig gekommen. In einer Runde von Weggefährten um die Autorin Susanne Mayer und die Moderatorin Kristina Maidt-Zinke zu Ehren des verstorbenen Schriftstellers sitzt er mit lässig überschlagenen Beinen jovial, ja weltmännisch auf seinem Stuhl als würde sich jede Synapse seines Körpergedächtnisses an die Jahre als Staatsoberhaupt erinnern. Nach den ersten Hörproben des letzten, postum veröffentlichten Romans "Die schwedischen Gummistiefel" des populären Literaten Mankell, bei denen selbst die nachdenklichsten Reflexionen des alternden Erzählers Fredrik Welin durch den Vortrag der Wallander-Stimme Ulrich Pleitgens nach Mord und Totschlag klingen, bricht es aus ihm raus. Wie einst im Schloss Belevue - zwar nicht mit einer wehenden Deutschlandflagge, sondern mit einem theatralisch-megalomanen Porträt Mankells im Hintergrund - richtet sich Horst Köhler an das Publikum und hält seine verfrühte Weihnachtsansprache 2016.

"Es geht hier in der Berichterstattung immer nur um das Böse, das schreckliche, brutale Afrika", schimpft Köhler. Er atmet tief ein und gerät ins Schwärmen: "Wenn man jedoch dort ist, singen und tanzen die Menschen, sie lachen - es ist ganz wunderbar." Unter dem strengen, künstlerischen Blick des Foto-Mankells, nutzt Köhler dann die nun schon weit geöffnete Kerbe in der Abenddramaturgie, um das kämpferische Erbe des Schriftstellers weiterzuführen. Mankell, der selbst lange Jahre in Maputo in Mosambik lebte und dort Intendant an einem Theater war, war immer auch Anwalt und Streiter für den schwarzen Kontinent. Bücher wie "Der Chronist der Winde" erzählen ungeschönte Geschichten aus Afrika.

Das sei auch sein eigenes Anliegen gewesen, sagt Köhler, der selbst als Präsident des Internationalen Währungsfonds IWF gearbeitet hat. Und die Wut auf die Ungerechtigkeiten der Welt, führt er weiter aus, hätte ihn und Mankell stets verbunden. Ihre Männerfreundschaft habe sich oft um die Frage gedreht, wie man nicht nur reden könnte um "Afrika zu helfen" oder "Afrikaner als Gleichberechtigte zu sehen". Daraufhin frenetischer Szenenapplaus des Publikums. Man ist sich einig: Afrika muss geholfen werden. Und einmal da angekommen, geht es für Köhler jetzt ums Große und Ganze: Hunger, Krieg und die Flüchtlingskrise. Auch wenn er in die Exotik-Falle des weißen, europäischen Blicks auf Afrika tappt - er möchte die Welt verändern. Er ist ein Mann mit Sendungsbewusstsein, Sinn für Gerechtigkeit und mit weltmännischer Aura. Eigentlich gäbe es für ihn nur einen Job. Aber den hatte er schon einmal.

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