Literaturausstellung:Höllische Puppenstube

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Im Marbacher Literaturmuseum der Moderne präsentiert Sibylle Lewitscharoff gelehrsame Bastelarbeiten zu ihrem neuen Roman "Das Pfingstwunder".

Von Volker Breidecker

Die cumäische Sibylle, die dem Mittelmeerflüchtling und römischen Stammvater Aeneas einst weissagte, stand in zweifelhaftem Ruf. Vergil zufolge war sie von solch pedantischer Ordnungsliebe, dass sie die mit ihren Prophezeiungen stets feinsäuberlich beschrifteten Palmblätter in numerischer Folge stapelte und als Konvolute ablegte. Keine Vorsorge traf sie hingegen zum Schutze ihres Archivs vor den Unbilden der Witterung. Sobald beim Öffnen der Besucherpforte auch nur ein leises Lüftchen durch ihre Höhle wehte, wurden die zarten Blätter so stark aufgewirbelt, dass alle Systematik dahin war, zumal die etwas fahrige Sibylle es tunlichst unterließ, "die Sprüche, die wirr durch die Felskluft / fliegen, zu fassen und neu zur Ordnung wieder zu fügen."

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