Frankfurter Buchmesse:Das sind die wichtigsten Sachbücher des Herbstes

"Tausend Zeilen Lüge" über den Hochstapler Relotius hat Thriller-Potential, Ronan Farrow zeichnet ein beängstigendes Panorama von Machtmissbrauch und ein Buch über den Kalten Krieg setzt neue Maßstäbe.

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Juan Moreno - Tausend Zeilen Lüge

Juan Moreno - Tausend Zeilen Lüge

Quelle: Rowohlt

Wie dem freien Reporter Juan Moreno Unstimmigkeiten in den Texten des Spiegel-Shooting Stars Claas Relotius auffallen, wie er gegen den harten Widerstand seiner Vorgesetzten und Kollegen zu recherchieren beginnt und einen der größten Medienskandale der Nachkriegszeit aufdeckt, das liest sich wie ein Thriller. Aber auch seine Erklärungen, wieso genau dieser Fälscher so erfolgreich sein konnte, sagen viel aus über die Erwartungen des Publikums an die Medien heute, und über die Erwartungen des Journalismus an sein Publikum.

Lesen Sie hier eine ausführliche Rezension von Ralf Wiegand.

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Deniz Yücel - Agentterrorist

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Quelle: Kiepenheuer & Witsch

Erheiterndes und Tröstendes findet sich selbst an einem so tristen Ort wie dem türkischen Hochsicherheitsgefängnis Silivri. Deniz Yücel schildert in "Agentterrorist" die Tage vor seiner Festnahme im Februar 2017 wie einen Kriminaltango, und die Zeit im Gefängnis mit quälender Genauigkeit, aber auch mit seinem besonderen Sinn für Komik.

Seine Abrechnung ist viel mehr als ein Knasttagebuch, er hat auch ein türkisches Geschichtsbuch geschrieben, in dem er das persönlich Erlebte immer wieder mit dem grundsätzlich Politischen verbindet.In seinen Schilderungen schont sich der Autor selbst nicht, erzählt offen und bewegend - und enthüllt auf den letzten Seiten dann, was er mit "Folter" meinte.

Lesen Sie hier eine ausführliche Rezension von Christiane Schlötzer.

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Ronan Farrow - Durchbruch

Ronan Farrow Durchbruch

Quelle: Rowohlt Verlag

Der amerikanische Journalist Ronan Farrow arbeitet seine Recherche am Weinstein-Skandal auf. Und das, was er in "Durchbruch" erläutert, ergibt ein beängstigendes Panorama von Machtmissbrauch. Farrow zeichnet ein Netzwerk von Superreichen, Politik und Medienleuten, in dem die immer gleichen Anwälte am Werk sind, und in dem es letztlich nur um Geschäftsinteressen geht. "Durchbruch" ist etwas lang, aber spannend wie ein Krimi.

Lesen Sie hier mit SZ Plus eine ausführliche Rezension von Susan Vahabzadeh.

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Julia Ebner - Radikalisierungsmaschine

Julia Ebner
Radikalisierungsmaschinen - Wie Extremisten die neuen Technologien nutzen und uns manipulieren

Quelle: SZ

Was ist der soziale Kitt, der Extremisten aller Art zusammenhält, und der so stark ist, dass einige letztlich auch bereit sind, die Schwelle vom Reden zum Handeln zu überschreiten? Extremismus-Forscherin Julia Ebner war bei ihren Recherchen aufgefallen, dass die menschliche Komponente der Forschung oft zu kurz kommt. Dafür hat sie rund zehn mehr oder minder obskure Gruppen unterwandert. Seine besten Momente hat das Buch nicht in der Analyse, sondern dort, wo Ebner den Leser mitnimmt in die obskuren Halbwelten im Netz, in die normale Menschen aus guten Gründen nicht hinabsteigen.

Lesen Sie hier eine ausführliche Rezension von Max Muth.

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Andrea Röpke, Andreas Speit - Völkische Landnahme

Andrea Röpke | Andreas Speit
Völkische Landnahme

Quelle: SZ

Völkische Siedler, die sich sozial und politisch vernetzen, gemeinsam Kinder großziehen und Einfluss auf die Strukturen vor Ort nehmen wollen, finden sich mittlerweile in fast allen Bundesländern, sie denken dabei, so Röpke und Speit, nicht von Wahlperiode zu Wahlperiode, "sondern in viel größeren Zeiträumen. Es geht ihnen um eine nachhaltige politische Wende".

Das Buch bietet einen hilfreichen Kontext, der mit Fehleinschätzungen und Missverständnissen aufräumt - wie der Annahme, dass sich Rechtsradikalismus und eine ökologische Lebenseinstellung widersprächen. Und es zeigt auf erschreckende Weise, wie sich der Rechtsruck seit Pegida und AfD bemerkbar macht. Röpke und Speit machen aufmerksam auf eine unterschätzte Gefahr, die auch auf dem Radar der Sicherheitsbehörden nicht oder nicht ausreichend auftaucht. Es ist eine Gefahr, die alle betrifft.

Lesen Sie hier eine ausführliche Rezension von Angelika Benz.

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Westad - Kalter Krieg

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Quelle: SZ

Odd Arne Westad, norwegischer Historiker, ist für seine produktive Unruhe bekannt. Jüngstes Produkt dieser Unruhe ist eine Weltgeschichte des Kalten Krieges, an deren Maßstäben sich künftig alle messen lassen müssen, die an einer Synthese dieser Epoche arbeiten. Konziser und erhellender kann man über den Kalten Krieg, seine Triebkräfte und weltweiten Verästelungen kaum schreiben.

Lesen Sie hier mit SZ Plus eine ausführliche Rezension von Bernd Greiner.

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Sascha Ilko-Kowalczuk - Die Übernahme

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Quelle: SZ

Seit dem Zusammenbruch der DDR sind 30 Jahre vergangen, und noch nie waren Wende und Wiedervereinigung so umstritten wie heute. In seinem Essay zeigt der Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk auf, wie sich Ostdeutschland seit dem Revolutionsjahr 1989 gewandelt hat. Dabei steht die ostdeutsche Prägung und Frustration ganz im Mittelpunkt. Lange Linien der deutsch-deutschen Geschichte und Frustration nach 1990: Für Kowalczuk erklärt deren Zusammenspiel die heutige Proteststimmung in Ostdeutschland. Diese habe auch ihr Gutes, weil sie jahrzehntealte Verständigungsprobleme ans Licht bringe.

Das Buch ist fundiert und anregend, zeigt aber das Manko einer Debatte, die die Gegenwart in Ostdeutschland noch immer ganz überwiegend aus der DDR-Vergangenheit erklärt.

Lesen Sie hier eine ausführliche Rezension von Tim Schanetzky.

© SZ.de/cag/tmh
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