Für den Autor agiert Russland wie ein böser Arzt westlicher Demokratien, der alles dafür tut, dass es dem Patienten schlechter geht. Gerade deshalb sollte man die Diagnosen des feindlichen Arztes ernst nehmen. Sie zeigen deutlich die eigenen Schwächen. Snyder, der an der Yale University lehrt, will in "Weg in die Unfreiheit" viel: die Feinde der liberalen Gesellschaften beschreiben, eine Geschichte der Gegenwart skizzieren und eine Politik zur Verteidigung der Demokratien ermöglichen.
Der Autor erzählt vom Aufkommen faschistischer Ideologie in Russland, von der ukrainischen Revolution der Würde, auf die Putins Annexion der Krim und der unerklärte Krieg gegen die Ukraine folgten. Er rekapituliert den Brexit, streift die Entwicklung in Polen und den Aufstieg der AfD, um mit den russischen Kontakten Donald Trumps zu enden. Eingebettet aber ist die kurze Geschichte all dessen, was Timothy Snyder beunruhigt, in eine Diagnose zum Zeitgefühl der Gegenwart. Das Buch mischt so Zeitgeschichtsschreibung und liberale Erweckungspredigt, und dabei leidet beides. Der Historiker wird ungenau, der politische Kommentator verfehlt entscheidende Punkte.
Lesen Sie hier die ausführliche Rezension von Jens Bisky.