Literatur-Neuerscheinungen:Die wichtigsten Bücher des Herbstes

Überall hohe, frische Bücherstapel und dann auch noch diese riesige Buchmesse. Wir geben Übersicht im Dschungel der Herbstliteratur.

Aus der SZ-Redaktion

1 / 12

Zeruya Shalev:Schmerz

Zeruya Shalev: Schmerz

Quelle: Berlin Verlag

Zehn Jahre ist es her, dass Iris, die Heldin des neuen Romans von Zeruya Shalev, bei einem Bombenattentat in Jerusalem schwer verletzt wurde. Die Wunden sind verheilt, die komplizierten Brüche zusammengewachsen, die grauenhaften Bilder und Schreie irgendwo im Gedächtnis vergraben. Doch ein Wort ihres Mannes genügt, und plötzlich ist alles wieder da und schleudert sie zurück in das Jahr der Operationen, der Hilflosigkeit und des Leidens, in dem sie noch keine erfolgreiche Schuldirektorin war, sondern einfach nur eine "Frau mit Schmerzen", die sich vor den eigenen Kindern schämt.

Mit "Schmerz" kommt Zeruya Shalevs Stil in seinem ganzen Pathos zu sich selbst, es ist ihr bester Roman seit "Liebesleben".

Lesen Sie hier die vollständige Rezension von SZ-Literaturkritikerin Meike Fessmann.

2 / 12

Feridun Zaimoglu:Siebentürmeviertel

buch cover

Quelle: Verlag

Feridun Zaimoglu ist der Filou der deutschsprachigen Literatur. Ein Trickser und Spieler, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, den Aromatresor der deutschen Sprache zu öffnen. Der Drang seiner Romane, ihre Maßlosigkeit und Unbedingtheit, zeugen aber auch von einem fast schon unheimlichen Ernst.

Bei seinem neuen Buch handelt es sich nicht, wie man erwarten könnte, um einen historischen Roman, sondern um eine Mischung aus Adoleszenzgeschichte, Räuberpistole, Rührstück und erzählerischer Reflexion über Fremde und Heimat.

Lesen Sie hier die vollständige Rezension von SZ-Literaturkritikerin Insa Wilke.

3 / 12

Ilija Trojanow:Macht und Widerstand

buch cover

Quelle: Verlag

Trojanow ist der bulgarischen Geschichte eng verbunden, die er über ein halbes Jahrhundert hinweg nachschreibt. Er ist1965 in Sofia geboren, seine Eltern flohen 1971 nach Deutschland und von dort weiter nach Kenia, wo der Vater als Ingenieur in Nairobi arbeitete. Erst Mitte der Achtzigerjahre kehrte Ilija Trojanow nach Deutschland zurück, doch Bulgarien hat er weiter im Reisegepäck.

Jahrelang hat er Material gesammelt für diesen Roman, in Archiven geforscht und ein eigenes Privatarchiv angelegt, mit zahlreichen Menschen in Bulgarien gesprochen, Opfer des Regimes zumeist, die, wie er sagt, überquellen vor lauter Erzählbedarf.

Lesen Sie hier die vollständige Rezension von SZ-Literaturkritiker Jörg Magenau.

4 / 12

Salman Rushdie:Zwei Jahre, acht Monate und 28 Nächte

buch cover

Quelle: Verlag

In seinem neuen Roman "Zwei Jahre, acht Monate und achtundzwanzig Nächte" plädiert Salman Rushdie für das Bündnis der Vernunft mit dem Wunderbaren - und warnt vor religiösem Fundamentalismus.

Auf drei Zeitebenen hat Rushdie seinen Roman angesiedelt. Im Mittelalter nimmt er seinen großen Anlauf, um dann über mehr als 800 Jahre hinweg in die nähere Zukunft zu springen, nach New York, das von einem großen verheerenden Sturm heimgesucht wird, dem Auftakt zu einem zwei Jahre, acht Monate und achtundzwanzig Nächte währenden "Kampf der Welten". In dem tragen die Dschinns des Schreckens und des Todes und die der Lust und des Lebens ihren Bürgerkrieg in der Sphäre der Menschen aus.

Lesen Sie hier die vollständige Rezension von SZ-Literaturkritiker Lothar Müller.

5 / 12

Silvia Bovenschen:Sarahs Gesetz

buch cover

Quelle: Verlag

Eines von Sarahs Gesetzen, berichtet Silvia Bovenschen über ihr Leben mit der Malerin Sarah Schumann, verfügt, dass es im gemeinsamen Haushalt keine Untertassen gibt: wieder ein paar Dinge weniger, die in die Spülmaschine müssen. Die Schriftstellerin, die der Malerin vor vierzig Jahren zum ersten Mal begegnet ist, beschließt, darin kein Problem zu sehen. Ein anderes Gesetz besagt, Frauen in fortgeschrittenem Alter sollten keine Jeans und Rollkragenpullover tragen. Im selben Kapitel versichert Bovenschen, ihre Freundin sei keine Despotin: "Sie erlässt keine Gesetze. Sie IST das Gesetz."

Das könnte furchteinflößend klingen. Aber nur Mut. Wir halten nicht nur die schönste Liebesgeschichte aus diesem Herbst in Händen, sondern auch ein faszinierendes Doppelporträt zweier Feministinnen, die viel gesehen, man könnte auch sagen: viel durchschaut haben. Nur die andere nicht, denn das wäre traurig. "Ich glaube nicht an die Möglichkeit endgültiger Befunde. Ich glaube nicht, dass wir einander wahrhaft erkennen können. Bei aller Liebe nicht. Und wir sollten es auch nicht wollen", schreibt Silvia Bovenschen.

Lesen Sie hier die vollständige Rezension von SZ-Literaturkritikerin Jutta Person.

6 / 12

Richard Ford:Frank

Richard Ford Frank Hanser

Quelle: Hanser Verlag

Richard Ford hat Frank Bascombe als einen amerikanischen literarischen "Everyman" etabliert, vergleichbar nur den wiederkehrenden Hauptfiguren von John Updike. Die vier kurzen Erzählungen geben schon in ihren Titeln, "Ich bin da", "Könnte alles schlimmer sein", "Das neue Normal" und "Die Tode anderer", die Stimmungslage des Protagonisten zu erkennen. Zwar hat sich Frank weniger dummer Sprüche verordnet, aber Munterkeit bleibt oberstes Gebot, gerade wenn ringsum die Welt von Flutwellen des Hurrikans Sandy und Alterskrankheiten bedroht wird.

Lesen Sie hier die vollständige Rezension von SZ-Literaturkritiker Christoph Bartmann.

7 / 12

Ulrich Peltzer:Das bessere Leben

buch cover

Quelle: Verlag

Bedrohlich schön und doch verschwommen: Ulrich Peltzers neuer Roman "Das bessere Leben" zeigt empfindsame Innenansichten der Globalisierung.

Ein nicht mehr ganz junger Manager der mittleren Ebene, zuständig für "Sales", also Verkäufe, wird nach vierzehnjähriger Betriebszugehörigkeit entlassen. Seine Leistung, die "Performance", hatte zuletzt nicht mehr überzeugt. Ein Großauftrag in Indonesien kam nicht zustande.

Ulrich Peltzer ist im arbeitsteiligen Betrieb der deutschen Gegenwartsliteratur der Fachmann für politisch informierte Zeitdiagnose. Sein neuer Roman "Das bessere Leben" nimmt sich nun das globalisierte Wirtschaftsleben aus westlicher Sicht vor.

Lesen Sie hier die vollständige Rezension von SZ-Literaturkritiker Gustav Seibt.

8 / 12

Umberto Eco:Nullnummer

buch cover

Quelle: Verlag

Umberto Eco ist auch ein Mann der Presse, hat Kolumnen für das Wochenmagazin L'Espresso und Artikel für Tageszeitungen geschrieben. Jetzt hat er eine fiktive Zeitung in den Mittelpunkt seines neuen Romans gestellt: "Nullnummer", gerade auf Deutsch im Carl Hanser Verlag erschienen, spielt im Italien des Jahres 1992, das politische Parteiensystem der Nachkriegszeit beginnt zu zerfallen, der Aufstieg Silvio Berlusconis steht bevor, und auch der Siegeszug des Handys und des Internet kündigt sich gerade erst an. Alte Gewissheiten zerfallen, dort, wo einmal starke Ideologien waren, tun sich Leerstellen auf.

In seinem neuem Roman "Nullnummer" reagiert der Schriftsteller auf die Zeitungskrise. Im SZ-Interview spricht Umberto Eco über Nachrichten, das Lesen und die italienische Presse.

Lesen Sie hier das Interview von SZ-Literaturkritiker Lothar Müller mit Umberto Eco.

9 / 12

Jonathan Franzen:Unschuld

buch cover

Quelle: Verlag

Franzen gelingt es, glaubwürdig in die verschiedensten sozialen Welten einzutauchen. Das Milieu einer poststudentischen WG vermag er genauso suggestiv einzufangen wie die James-Bond-hafte Szenerie mit einem zynischen Risikokapitalanleger aus dem Silicon Valley. "Unschuld" ist Campus-, Bildungs- und Berlin-Roman in einem, Polit-Thriller und Pamphlet, alles gleichzeitig, und nebenher auch ein Buch über den Journalismus.

Jonathan Franzen hat einige dicke Bücher geschrieben. Sein neues Buch "Unschuld" enthält viel rhetorischen Schall und durchaus Wahn - und doch ist es eine große Fiesta, weil dieses Buch teuflisch gut geschrieben ist.

Lesen Sie hier die vollständige Rezension von SZ-Literaturchef Christopher Schmidt.

10 / 12

Clemens J. Setz:Die Stunde zwischen Frau und Gitarre

buch cover

Quelle: Verlag

Clemens J. Setz hat einen wahnwitzigen Stalker-Roman über eine junge Frau geschrieben - "Die Stunde zwischen Frau und Gitarre", das sind tausend Seiten Terrorpoesie.

Kaum einem Schriftsteller gelingen so fantastische Verschaltungen von Organischem und Mechanischem, Belebtem und Unbelebtem. Setz ist einem transhumanen Körpergedächtnis auf der Spur, bei dem das Schmatzen, Glucksen, Einverleiben und Auswerfen einen Zugang zu den allerseltsamsten Unterwelten eröffnet.

Lesen Sie hier die vollständige Rezension von SZ-Literaturkritikerin Jutta Person.

11 / 12

Shumona Sinha:Erschlagt die Armen!

buch cover

Quelle: Verlag

"Assommons les Pauvres!" Erschlagt die Armen. So heißt ein Gedicht von Charles Baudelaire. Und so heißt auch das neue Buch der indischstämmigen, 1973 in Kalkutta geborenen Autorin Shumona Sinha: Eine junge Frau hat in der Pariser U-Bahn einem Migranten eine Weinflasche über den Kopf gezogen und soll jetzt im Polizeigewahrsam erklären, warum sie sich derart aggressiv verhalten hat, ausgerechnet sie, die doch selbst Migrantin aus Indien ist. Ein großartiger Roman, bilderreich, aggressiv, witzig und hochintelligent, ein Antidot zu allen Predigttexten zum Thema Migration, ein hochpolitisches Plädoyer für einen anderen Umgang mit dem Thema Asyl.

Lesen Sie hier das Interview von SZ-Redakteur Alex Rühle mit Shumona Sinha.

12 / 12

György Dragoman:Der Scheiterhaufen

-

Quelle: verlag

Die 13-jährige Emma ist eine Waise, ihre Eltern, heißt es, sind bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Nach dem Ende der Diktatur geht sie ihren Familiengeheimnissen nach: War der Großvater ein Spitzel, hat er sich erhängt oder ist er gelyncht worden? Oder war die Großmutter selbst, zum Schutz ihres Mannes, Zuträgerin des Geheimdienstes? Und war der Tod der Eltern wirklich ein Unfall?

György Dragománs Roman "Der Scheiterhaufen" verwandelt die politische Geschichte Osteuropas in ein Gespenstermärchen von dunklem Glanz.

Lesen Sie hier die vollständige Rezension von SZ-Literaturkritiker Lothar Müller.

© SZ.de/khil
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: