Literatur:Appell von Navid Kermani: Proteste im Iran unterstützen

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Schriftsteller Navid Kermani. (Foto: Oliver Berg/dpa/Archivbild)

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Köln (dpa) - Der Schriftsteller Navid Kermani hat dazu aufgerufen, die Proteste im Iran weiter zu unterstützen. „Wir können uns ja nur verneigen vor dem Mut dieser Menschen, aber unsere Aufgabe ist es, jetzt, wo es aus den Schlagzeilen verschwindet, weil es nicht so spektakulär ist, weil die Öffentlichkeit sich dran gewöhnt, diese Aufmerksamkeit hochzuhalten“, sagte der Friedenspreisträger am Mittwochabend bei der Eröffnungsveranstaltung des Literaturfestivals Lit.Cologne in Köln. „Man merkt ja schon, dass Regierungen darauf spekulieren, dass das langsam vorbeigeht, dass dann doch wieder über Atomabkommen gesprochen wird, über Gasverträge.“ Diese Normalisierung dürfe nicht eintreten.

Kermani erinnerte an den Kampf gegen das südafrikanische Apartheid-Regime in den 90er Jahren. „Das hat auch Jahre gedauert, aber es gab einen Moment, an dem die Welt sich einig war, dass ein solches Regime keinen Platz mehr hat.“ Eine solche Einigkeit entstehe langsam auch im Fall des Iran. Kermani sagte, die jetzige Protestbewegung im Iran habe eine andere Qualität als frühere Aufstände. „Jetzt ist es in vielerlei Hinsicht anders. Die Wut, die Verzweiflung ist so groß, dass die Menschen standgehalten haben. Es haben sich verschiedene Protestmotive vereint.“

Zwar seien die Proteste durch die zahlreichen Hinrichtungen und Masseninhaftierungen ein wenig abgeebbt - „jeder hat Angst“ -, doch zuende sei der Widerstand nicht. Zudem gelte: „Der Protest hat jetzt schon so enorm viel bewegt, erreicht. Es sind auch so viele Risse im System offenkundig geworden.“ Der iranische Geheimdienst wisse genau, dass 80 Prozent der Bevölkerung das Regime ablehnten. „Das wird nicht aufhören. Es wird weitergehen“, sagte Kermani.

Es sei aber keine Revolution, die dieses Jahr zum Ende komme, es sei ein Prozess, der in jüngster Zeit stark an Sichtbarkeit und Tempo gewonnen habe. So seien bei der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar erstmals nicht Vertreter des Regimes eingeladen worden, sondern Vertreter der Opposition. Das sei ein Bruch mit 40 Jahren westlicher Iranpolitik. „Und es ist ein Erfolg dieser mutigen Männer und Frauen im Iran.“

© dpa-infocom, dpa:230301-99-792637/2

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