Literatur:Fremd in der Fremde

Ayeda Alavie

"Ich schreibe, damit man mich versteht", sagt Ayeda Alavie, die sich noch immer nicht richtig angekommen fühlt.

(Foto: privat/oh)

In der Monacensia stellen geflüchtete Autoren aus unterschiedlichen Herkunftsländern ihre Werke rund um das Thema "Ankommen" vor

Von Sara Behbehani

"Die Kinder Adams", heißt es bei Saadi, einem persischen Dichter aus dem 13. Jahrhundert, "sind aus einem Stoff gemacht." In dem Gedicht, das auch das Portal der Vereinten Nationen in New York ziert, geht er auf die Einheit und die Zusammengehörigkeit aller Menschen ein. Die iranische Autorin und Übersetzerin Ayeda Alavie setzt dieses Gedicht an den Anfang ihres eigenen Textes, den sie an diesem Samstag in der Monacensia vorstellen wird. Ihre Lesung bildet den Auftakt zu einem internationalen Kulturfestival, bei dem unter dem Titel "Acht Mal Ankommen" geflüchtete Künstler aus unterschiedlichen Ländern ihre Geschichten erzählen.

Das Aktionsbündnis "Wir machen das" organisiert seit April 2016 in Buchhandlungen, Museen und Bibliotheken immer wieder Gespräche und Lesungen mit geflüchteten Autoren. Nun kommen für einen ganzen Tag Künstler zusammen, die bereits an früheren Veranstaltungen teilgenommen haben. "Der Tag dient auch dazu, Bilanz zu ziehen über das, was im Rahmen des Bündnisses bereits entstanden ist und einen Teil der Entwicklung der Autoren mitzuverfolgen", sagt Katja Huber, Mitorganisatorin der Veranstaltung.

Exklusiv für das Festival entstanden, stehen die Arbeiten unter einem großen Aspekt. "Ankommen, das heißt doch, ganz und gar an einem Ort zu sein, mit all seinen Sinnen", sagt Alavie, die Iran vor 18 Jahren verlassen hat. "Und wenn ich ganz ehrlich bin, bin ich wohl nie richtig angekommen. Ich bin weder in Iran, noch hier. Es ist ein Schwebezustand, in dem ich mich befinde." Der Blick zurück fällt ihr auch heute nicht leicht. In diesen Tagen ist es besonders der Flugzeugabsturz vom 18. Februar, der sie berührt. Iranische Flugzeuge sind aufgrund der Sanktionen oft veraltet, die dortige Luftfahrt hat einen schlechten Ruf. "Das ist eine Regierung, in der Menschenrechte missachtet werden", sagt Alavie. "Aber wenn Iran nicht mal in der Lage ist, seine Flugzeuge zu reparieren, dann sind die Opfer der Sanktionen die einfachen Menschen." Ihren Text widmet sie Iranern, die aus Armut ihre Nieren verkaufen. Das Organ, die Annahme Saadis, Menschen als Teile eines einzigen Körpers zu sehen, das eng Verwobene von dem, was auf der Welt geschieht, sind das Thema ihrer Arbeit.

Neben Alavie kommen unter anderen auch die Münchner Autorin Lena Gorelik oder die uigurische Dokumentarfilmerin Suli Kurban, die die Scham und das Verleugnen der eigenen Herkunft ebenso kennt wie die Schwierigkeit, an einem neuen Ort unter Fremden selbst die Fremde zu sein, in die Monacensia. Auch der aus Homs stammende Journalist Yamen Hussein wird dabei sein, ebenso wie Afraa Batous, die 2010 noch einem Theater in Aleppo angehörte. Ihnen allen mag die Hoffnung gemein sein, die Alavie mit dem Schreiben verbindet. "Ich schreibe", so sagt sie, "damit man mich versteht." Das Geld, das sie für ihre Lesung bekommt, möchte sie einem Vater ihrer Geschichte spenden, der seine Niere verkaufen muss. Ganz im Sinne von Saadi, der mit den Worten endet: "Ein Mensch, den nicht die Not der Menschenbrüder rührt, verdient nicht, dass er noch des Menschen Namen führt."

Acht Mal Ankommen, Samstag, 24. Februar, von 11.30 Uhr an, Monacensia, Maria-Theresia-Straße 23, Eintritt frei

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: