Literatur:Alles ist politisch

Literatur: Manja Präkels und Markus Liske gaben schon 2014 das Erich-Mühsam-Lesebuch "Das seid ihr Hunde wert!" heraus - jetzt befassen sie sich wieder mit der Räterepublik.

Manja Präkels und Markus Liske gaben schon 2014 das Erich-Mühsam-Lesebuch "Das seid ihr Hunde wert!" heraus - jetzt befassen sie sich wieder mit der Räterepublik.

(Foto: Verbrecher Verlag)

Die Schriftsteller Markus Liske und Manja Präkels sprechen in der Monacensia über die Räterepublik

Von Maxie Römhild

Sollten Schriftsteller heutzutage politisch sein? Für den Autor Markus Liske ist das gar keine Frage: "Nicht nur heute, Schriftsteller sind grundsätzlich in der Verantwortung, politisch zu sein." Dass es unpolitische Literatur gebe, sei sowieso eine Fehlannahme.

Liske beschäftigt sich schon seit vielen Jahren mit der Bayerischen Räterepublik, in der 1919 kurz Politik von Poeten und Denkern gemacht wurde, bevor die Revolution blutig niedergeschlagen wurde. Ganz vorne mit dabei war neben Ernst Toller und Gustav Landauer auch der anarchistische Schriftsteller Erich Mühsam. Über den hat Liske soeben das Buch "Sechs Tage im April. Erich Mühsams Räterepublik" verfasst. Darin kommentiert er Texte, Briefe und Tagebuchauszüge des Freidenkers und lässt so seine Vision wieder aufleben - aber auch sein Scheitern. Der Pazifist Mühsam kämpfte mit Worten für eine soziale Revolution und wurde für seine Beteiligung an der Räterepublik zu 15 Jahren Festungshaft verurteilt. Nach fünf wurde er zwar freigelassen, zehn Jahre später aber von den Nationalsozialisten im KZ Oranienburg ermordet. Seine politischen Ideale sind nach wie vor aktuell, besonders im Jubiläumsjahr der Räterepublik.

Was das alles mit unserer heutigen Gesellschaft zu tun hat, das verraten Liske und die Autorin und Musikerin Manja Präkels am Donnerstag, 4. April, in der Monacensia. Unter dem schlichten Titel "Literatur & Politik" schlagen sie den Bogen von der von Schriftstellern angeführten Revolution vor hundert Jahren zu der zunehmend politisierten Literatur der Gegenwart - und fragen unter anderem, was getan werden kann, um vor dem Erstarken rechtsextremer Tendenzen zu warnen.

Manja Präkels, die auch mit ihrer Band Der singende Tresen gemeinsam mit Liske erfolgreich ist, ist mit ihrem Debütroman "Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß" bereits eine solche literarische Kampfansage gelungen. In dem autobiografisch angehauchten Buch verarbeitet sie die Wendezeit in Brandenburg aus der Perspektive der 14-jährigen Mimi. Die erlebt aus erster Hand, wie sich mit dem Mauerfall alles ändert in ihrer kleinen Heimatstadt an der Havel. Ihr Kindheitsfreund Oliver wird zum Neonazi-Anführer, nennt sich fortan "Hitler" und zieht mit seiner Bande durch die Straßen. Früher berauschten sie sich gemeinsam heimlich an den Schnapskirschen der Eltern. Jetzt ist alles anders.

Für die eindringliche Beschreibung dieser ungewissen Zwischenzeit wurde Präkels mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis 2018 und dem Anna-Seghers-Preis ausgezeichnet. Sie wird in der Monacensia daraus lesen, Markus Liske wird "Sechs Tage im April" vorstellen. Der Literaturwissenschaftler Michael Ott moderiert das anschließende Gespräch. Dabei geht es um die Frage, inwiefern Schriftsteller auf die aktuellen politischen Verhältnisse Einfluss ausüben können oder sogar sollten.

"Ich würde mir wünschen, dass Schriftsteller wieder mehr utopische Gedanken in ihre Arbeit miteinbringen", sagt Liske. Wegen des Rechtsrucks, der in den vergangenen Jahren durch die Gesellschaft ging, hätten sich wieder mehr Autoren deutlich politisch geäußert. Schade sei daran aber, dass sich so ständig eine Art Verteidigungshaltung ergebe. Statt immer nur die demokratische Zivilgesellschaft gegen Angriffe von rechts zu schützen, sollten auch mehr positive Perspektiven aufgezeigt werden: "Wir müssen fragen, wo es hingehen kann, was wir erreichen können."

Literatur & Politik: ein Abend mit Manja Präkels und Markus Liske; Donnerstag, 4. April, 19 Uhr, Monacensia, Maria-Theresia-Straße 23, Eintritt frei

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