Lesung:Hardcore, butterweich

Rapper lesen Rapper

Wetterfeste Textexperten: Heinrich Himalaya und David Scheid (von links).

(Foto: Rudolf Schmied)

Hip-Hop-Texte als literarische Gattung: In der Milla hat die österreichische Show "Rapper lesen Rapper" Premiere

Von Stefan Sommer

Niemand in der Welt singt über seine Liebe zu Käsebroten - und kommt damit durch. Außer Helge Schneider. Das sei Dada, nicht gaga. Würde man selbst an einem Samstag durch die Fußgängerzone laufen und lautstark von besagter Abendbrotpräferenz erzählen, würde das dort wohl weniger als große Kunst, denn als Spinnerei verstanden werden. Löst man "Käsebrot ist ein gutes Brot" aus seinem Kontext, verliert die Zeile die Funktion und entwickelt ein Eigenleben. Mit Hip-Hop-Texten ist das ähnlich. Ohne den Rapper, seine Aura, seine Muskeln, Waffen, Outfits und Sportwagen, ohne das Instrumental ändern sich die Textzeilen. Bei der Hip-Hop-Late-Night-Show "Rapper lesen Rapper" soll genau das passieren.

"Oftmals sind Texte nicht lustig gemeint, aber durch ihre Trennung vom Beat und dem Image des jeweiligen Interpreten, kann dann eine "coole" oder "harte" Posernummer zur Lachnummer werden", weiß David Scheid. Der österreichische Hardcore-Rap-Fan und Kabarettist ist einer der beiden Moderatoren des Formats, das nun aus Linz nach München kommt. Zusammen mit dem Rapper und DJ Heinrich Himalaya will er die Schönheit und Poesie, aber auch die stereotypischen Protzgesten des Genres einem großen Publikum vorstellen. Das Konzept von "Rapper lesen Rapper" ist simpel: Rapper lesen Rapper. Die Originaltexte, Klassiker des Genres, werden von ihrem Kontext befreit: Knüppelhartes wird butterweich, Alltägliches poetisch. In München werden in der Milla die fünf Lokalhelden Lux, Alice D, Lisaholic, Brenk Sinatra und Roger Rekless die Texte anderer Rapper vortragen. Für Heinrich Himalaya die ideale Besetzung: "Wir wollen in München einen Querschnitt aus 20 Jahren bayrischer Rapgeschichte, aktuellen Artists, sowie österreichischen Musiker/innen bieten."

In Deutschland ist Rap 2019 das kommerziell erfolgreichste Genre. Künstler wie Capital Bra, Mero und KC Rebell brechen Streaming-Rekorde und landen mit ihren Singles regelmäßig auf Platz 1 der Charts. Zeit also, die Kultur dahinter vorzustellen und die Sprache zu analysieren. Für Scheid und Himalaya ist das Mission und Botschaft. Sie freuen sich darauf, wie sich die Lyrics im Rezitieren auf der Bühne der Milla transformieren werden und wie nahe man den Texten so kommen kann: "Uns geht es darum, die Vielfalt, Qualität, Klischees, den Witz sowie den literarischen Anspruch von Raptexten zu zeigen."

Zusammen mit DJ Dorian Pearce soll so eine multimediale Show entstehen, die Rap als literarische Gattung versteht und im popkulturellen Diskurs etablieren will - ein von Klischees und Floskeln befreiter Blick auf die vielleicht einflussreichste Jugendkultur dieser Zeit. Für Heinrich Himalaya ist das eine klare Sache: "Für mich ist Rap die Literatur des 21. Jahrhunderts. Hip-Hop-Kultur prägt mich, seitdem ich 13 Jahre alt bin."

Rapper lesen Rapper, Freitag, 24. Mai, 20 Uhr, Milla, Holzstraße 28

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