Da ist nichts zu beschönigen: "Die Nacht war ein Reinfall, / was macht das schon - - ?", beginnt D. H. Lawrence sein Gedicht "Der erste Morgen". Der britische Schriftsteller schrieb diese Zeilen in Erinnerung an den "Honeymoon" mit seiner Geliebten Frieda von Richthofen Ende Mai 1912 im Gasthof zur Post in Beuerberg. Gerade sind die beiden aus England geflohen: D. H. Lawrence löste sich aus kleinbürgerlichen Verhältnissen, Frieda von Richthofen aus ihrer zu früh eingegangenen Ehe mit einem Professor, der bis vor Kurzem Lawrence noch unterrichtet hat. Ihre erste gemeinsame Zeit verbringen sie in Beuerberg und im Isartal. Es ist der Beginn eines innigen, aber nicht immer leichten gemeinsamen Weges.
Werner von Koppenfels, emeritierter Münchner Anglistikprofessor, hat mit großem Wissen und Gespür die Gedichte aus dieser Zeit - und weit darüber hinaus - ins Deutsche übertragen. "Nimm mein Wort in die Hand" (Stiftung Lyrik Kabinett München) ist ein Band, der den Autor von "Lady Chatterley's Lover" einmal von seiner lyrischen Seite zeigt - eine Seite, die in Deutschland bislang auf nicht allzu viel Beachtung stieß.
Tatsächlich lässt sich Lawrence in seinen Gedichten nicht nur als ein Liebender und Bewunderer entdecken, sondern auch als Kriegsgegner, Kritiker seiner Zeit, Spötter, Naturbeobachter und als jemand, der dem eigenen Sterben klar entgegenblickt. Die Form ist Lawrence dabei egal. Er zeigt sich als ein spontan Inspirierter, nicht als jemand, der seine Lyrik bis ins Detail schleift. Ein Gedanke reicht ihm bisweilen aus, um zu wettern: "Der Moskito, so klein er ist, weiß genau, / dass er ein Raubtier ist: / doch immerhin/trägt er mein Blut nicht auf die Bank, / er füllt sich bloß den Bauch." In seinen Liebesgedichten für Frieda konnte er sich ähnlich beißend zeigen, den Streit mit lyrischen Mitteln fortsetzen. "Unverträglich" titelte er da beispielsweise und schrieb: ".. . na dann verzweifeln wir halt / . . . / mich lässt das kalt." Richthofen und Lawrence blieben zusammen bis zu seinem Tod.
D. H. Lawrence: Nimm mein Wort in die Hand , übersetzt von Werner von Koppenfels, Stiftung Lyrik Kabinett München, 202 Seiten; Buchpräsentation am Mittwoch, 28. November, 20 Uhr, Lyrik Kabinett.