Lesenswert:Abenteuerlustig

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Ein historischer Roman über Münchens Marco Polo.

Von Vanessa Peschla

Die Füße in die Isar baumeln lassen, in die Sonne blinzeln, dann im Biergarten etwas Deftiges essen - der perfekte Sommertag in München. So war das früher schon. Sogar nackt gesonnt hat man sich hier im 14. Jahrhundert. Natürlich waren die Knappen von den Frauen getrennt, denn "Gaudi hin oder her, ein wenig Sittsamkeit mussten angehende Ritter schon haben", sagt Johannes Schiltberger, genannt Hans. Er ist der Held des historischen Romans "Die wilde Reise des unfreien Hans S. und seine höchst erstaunlichen Erlebnisse auf dem Weg ans Ende der Welt" von Martin Arz.

Hans und seine Freunde Max und Josef beschließen 1394, sich dem Kreuzzug von König Sigismund gegen die Heiden anzuschließen. Vor allem Hans will raus aus München, es ist ihm zu eng, es ist nichts los, und er will unbedingt mal in das Land, wo der Pfeffer wächst. Es ist nicht so, als hätte Hans noch nichts von der Welt gesehen, er war zum Beispiel schon in Giesing, Schwabing, Sendling und Pasing. Aber das reicht dem 14-Jährigen noch lange nicht.

Leider will das Abenteuer einfach nicht kommen. Die Burschen verbringen die Tage damit, Pferde zu versorgen, Rüstungen zu rußen und Waffen zu polieren. Danach gehen sie baden oder treiben Unfug. Die Burschen sind voll in der Pubertät, da kann der hochgeschoppte Rock einer Waschfrau einen schon durcheinanderbringen. Der Kreuzzug wirkt eher wie eine entspannte Reise, bis die Osmanen das Christen-Herr überfallen. Hans hat Glück im Unglück, denn Männer unter 18 werden als Militärsklaven verschleppt und nicht geköpft: Das Abenteuer hat endlich begonnen.

Die Geschichte basiert auf den Erlebnissen der historischen Figur Johannes Schiltberger, auch der "deutsche Marco Polo" genannt. Der Münchner Autor Martin Arz erzählt persönliche Szenen detailliert und in einem der Jugend des Helden angemessenen Ton. Historisches wie die Schlachten handelt er kurz ab, um nicht zu weit vom echten mittelalterlichen Reisebericht Schiltbergers abzuweichen. So springt der Leser wie in Hansens Gedanken von einem Ereignis zum nächsten. Bei aller Faktentreue ist manches so unglaublich, dass es sich ein Fantasy-Autor nicht besser hätte ausdenken können.

Martin Arz: "Die wilde Reise des unfreien Hans S. " , (Hirschkäfer Verlag, 140 Seiten, 16,90 Euro)

© SZ vom 02.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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