Kunst in Leipzig:Mit Rechten ausstellen

Geländeblick Leipziger Spinnerei

Das Gelände der Spinnerei, auf dem die 26. Leipziger Jahresausstellung stattfinden soll.

(Foto: Thomas Riese/Spinnerei)
  • Einige Künstler weigern sich, bei einer anstehenden Ausstellung in der Leipziger Spinnerei mit dem Maler Axel Krause auszustellen.
  • Krause teilte rechte Beiträge auf Facebook, lobte die Identitären und engagiert sich in der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung.
  • Nachdem ihn seine Leipziger Galeristen nicht mehr vertreten wollten, hatte Krause einen unverhofften Aufmerksamkeitsschub erhalten.

Von Kito Nedo

Soll man mit einem Rechten gemeinsam ausstellen? Mit dieser Frage sehen sich 35 Künstler einer Ausstellung konfrontiert, die demnächst auf dem Gelände des Spinnerei-Kunstquartiers in Leipzig eröffnen soll. Der Streit entzündet sich an der Person des Malers Axel Krause, welcher sich in der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung kulturpolitisch engagiert. Die Schau, die unter der Schirmherrschaft des Leipziger Oberbürgermeisters Burkhard Jung (SPD) steht und unter anderem von der lokalen Sparkasse finanzielle Unterstützung erhält, wird so zu einem Lehrstück über den Umgang mit Rechten in der Kunst. Für zumindest einen der eingeladenen Künstler ist die Sache klar: Moritz Frei veröffentlichte auf seiner Webseite bereits eine an den Verein der Leipziger Jahresausstellung adressierte Absage: Die Einladung an Krause habe "für große Verunsicherung unter den teilnehmenden und nicht teilnehmenden KünstlerInnen" gesorgt. Weitere Absagen sind also nicht ausgeschlossen. Viele Künstler wollen ihrem rechten Kollegen aber nicht noch mehr Öffentlichkeit verschaffen.

In einem nicht öffentlichen Brief hatten sie sich bereits Mitte Mai an den Vorsitzenden des Vereins, den Grafiker und Maler Rainer Schade, gewandt. Sie warnten vor einem "politischen Statement": "Die Möglichkeit besteht", so die Künstler, dass "eine Ausstellungseinladung als Zeichen Ihrer (und unserer) Solidarität / politische Nähe dargestellt wird." Die Antwort des Vereins auf die Kritik sei jedoch sehr enttäuschend ausgefallen, erklärt einer der Künstler gegenüber der SZ. Auf die Forderung, ein "klares Zeichen für Pluralismus, Diversität und Humanismus" zu setzen, sei Rainer Schade nicht einmal eingegangen. Schade sehe in der Ausstellungsteilnahme Krauses kein schwerwiegendes Problem. In einem Bericht der Leipziger Volkszeitung wird er so zitiert: "Was wissen wir von anderen Künstlern, die ebenfalls in der Liste sind, was diese privat oder politisch tun? Es gibt ja nicht nur das rechte Spektrum. Wir können nicht die Gesinnung unserer Künstler recherchieren, um zu schauen, ob sie ausstellungswürdig sind." Mit solchen Verallgemeinerungen verhindere Schade nach Ansicht seiner Kritiker die Diskussion.

Die AfD sitzt jetzt im Kunstbeirat des Bundestages. Der hat zuletzt auch Krause-Gemälde angekauft

Warum die Künstler so allergisch auf die AfD reagieren, liegt auf der Hand. Dort, wo die Partei an die Macht kommt, versucht sie, die grundgesetzlich garantierte Kunstfreiheit zu beschneiden und missliebige Positionen und Diskussionen zu unterdrücken. Zum Auftakt des Kommunalwahlkampfs in Leipzig etwa stellte die Partei die Freie Szene pauschal unter Extremismusverdacht. Im mittelsächsischen Freiberg führte der Druck von AfD-Stadträten neulich dazu, dass im dortigen Theater keine politischen Diskussionen veranstaltet werden dürfen. Was Kunst ist, so scheint es, das will die AfD bestimmen. "Die Freiheit der Kunst wird angegriffen und gleichzeitig wird eine freie Kunst postuliert - eine politisch unkorrekte Kunst wird gefordert, solange sie sich nicht gegen die AfD selbst richtet", beschreiben die Berliner Künstler Fabian Bechtle und Leon Kahane vom Forum für demokratische Kultur und zeitgenössische Kunst die Doppelstrategie der Rechtspopulisten.

Aber sollte es, wie von Schade und seinem Verein gefordert, tatsächlich nur um die Kunst gehen? Die Bilder des 1958 in Halle geborenen Malers Krause finden sich in keiner maßgeblichen überregionalen institutionellen Sammlung. Die Präsenz in solchen Kollektionen ist aber ein Indiz für den Rang eines Künstlers. Im vergangenen Jahr suchte Krause die Öffentlichkeit, nachdem seine Leipziger Galeristen ihn nicht mehr vertreten wollten. Die Galerie Kleindienst begründete den Schritt mit der Selbstdarstellung des Künstlers in den sozialen Medien und seine verschwörungstheoretischen Äußerungen, welche man "weder teilen noch mittragen wollte".

Ironischerweise hat erst diese Trennung dem Künstler die ersehnte Aufmerksamkeit und Ausstellungseinladungen beschert. Im März stellte Krause in Frankfurt am Main aus, gerade läuft eine Krause-Schau in Potsdam. Der Maler, der sich nach Rauswurf "praktisch mit Ausgrenzung belegt" fühlt, erfährt seither auch ein großes Medieninteresse. Fernsehsender wie der öffentlich-rechtliche Mitteldeutsche Rundfunk oder der deutsch-französische Kultursender Arte berichteten über den Fall. Vor ein paar Tagen druckte die Wochenzeitung Die Zeit ein Bild von Krause, um einen Artikel über rechte Tendenzen in der Kunst zu illustrieren.

Von der rechten Szene wird der Maler hofiert. Krause spricht mit allen: sogar mit den vom Verfassungsschutz beobachteten rechtsextremen Aktivisten der Identitären Bewegung (IB) oder mit der rechten Wochenzeitung Junge Freiheit. Vor Kurzem kaufte die Artothek des Deutschen Bundestags ein Bild von Krause an. Verantwortlich für solche Ankäufe ist der Kunstbeirat des Deutschen Bundestages, dem Abgeordnete aller Parteien angehören und der den Bundestagspräsidenten in Fragen der Förderung der bildenden Kunst beraten soll. Für die AfD-Fraktion arbeitet Marc Jongen in dem Gremium, er ist, wie Axel Krause, Mitglied im Kuratorium der Desiderius-Erasmus-Stiftung. In so gut verwobenem Zustand sind Kunst und Politik nicht mehr einfach zu trennen.

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