Filmstarts der Woche:Welche Filme sich lohnen und welche nicht

Als Muttermonster oszilliert Charlotte Gainsbourg in "Frühes Versprechen" zwischen Peinlichkeit und Hingabe. Und "The Prodigy" ist nichts als billiger Horror.

Von den SZ-Kinokritikern

Asi mit Niwoh - Die Jürgen Zeltinger Geschichte

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(Foto: Copyright kinofreund eG 2018)

Die ersten Bilder zeichnen ein Spießerparadies: Häuschen mit Garten, ein Teich mit Fischen, Futter steht bereit. Kaum zu glauben, welch bewegtes Leben hinter dem kugelrunden Endsechziger liegt, der im E-Scooter zum Bäcker tuckert, um belegte Brötchen mit Messer und Gabel zu schnabulieren. Oliver Schwabe portraitiert den homosexuellen Anarcho-Rocker Jürgen Zeltinger routiniert aber empathisch und lässt mit der Nacherzählung dessen legendär-rauschhaften Lebenswandels den Kölner Untergrund der Siebziger und Achtziger zwischen Karneval und Koks wieder auferstehen.

Drachenzähmen leicht gemacht 3: Die geheime Welt

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(Foto: dpa)

Als das H-Wort fällt, sind alle still. Zumindest einen Moment lang, dann geht die Feier weiter. Im Finale der 3-D-Animationsfilmsaga wartet jeder auf die Hochzeit des Wikingerjungen Hicks und seiner Freundin Astrid. Auch sonst geht es recht romantisch zu: Hicks' Drachen Ohnezahn hat sich in ein Drachenmädchen verliebt, das aussieht wie eine Mischung aus Nacktkatze und Alien, aber genauso schön fliegen und Feuer spucken kann wie ihr Verehrer. Dean DeBlois bringt das auf einer Kinderbuchreihe basierende Fantasy-Abenteuer routiniert zu Ende - und versüßt es mit einem klebrigen Happy End.

Dream Away

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(Foto: Copyright Barnsteiner-Film)

Menschen im Hotel. Zimmermädchen, DJs, Masseure und Animationskünstler, die in einem Luxusresort am Roten Meer arbeiten, dort ein Stück weit befreit sind von den rigiden Regeln der ägyptischen Gesellschaft. Das deutsch-ägyptische Regieduo Johanna Dompke und Marouan Omara kombinieren dokumentarisch Gefundenes mit inszenierten Szenen zu der surreal-poetischen Studie einer Gesellschaft, die weiß, woher sie kommt, aber nicht, wohin sie gehen wird. Besonders bizarr: Wegen des isalamischen Terrors bleiben die Gäste aus; das Hotel erscheint als Ort der Träume, des Wartens, aber auch als Geisterhaus.

Frühes Versprechen

4 / 10
(Foto: Copyright Julien Panié)

"Ich will in Mexiko City sterben", fleht Romain Gary seine Frau an. Während er fiebrig dahindämmert, liest sie auf der mehrstündigen Taxifahrt das Manuskript seiner Autobiografie, die vor allem ein Portrait seiner übermächtig kapriziösen Mutter ist. Eric Barbier illustriert diesen Roman mit erlesenen Bildern, die in kalte Töne getauchte Kindheit in Polen, die Jugend im warmen Licht Südfrankreichs, dann die fahlen Schlachten des 2.Weltkriegs. Und Charlotte Gainsbourg spielt dieses Muttermonster, das sich und den Sohn zwischen Vilnius, Warschau, Nizza und Paris unermüdlich neu erfindet, als Tour de Force zwischen enervierender Peinlichkeit und liebevoller Hingabe.

Glück ist was für Weicheier

5 / 10
(Foto: Copyright 2018 Concorde Filmverleih GmbH / Bernd Spauke)

Das Arschloch Schicksal meint es nicht gut mit der 12-jährigen Jessica: Die Mutter ist tot, die Schwester todkrank, sie selbst leidet unter heftigen Neurosen, der vom Unglück geräderte Vater (Martin Wuttke) hört zwischen zwei Jobs als Bademeister und Sterbebegleiter Walgesang zur Entspannung. Auf den ersten Blick vielversprechend mit ihren Spleens und ungelenken Sehnsüchten, verlieren die Figuren in Anca Miruna Lăzărescus Langfilmdebüt auf dem Weg aber schnell ihre Glaubwürdigkeit - und die Geschichte durch zu viele Tonwechsel ihre emotionale Kraft. Die Wucht des Todes bleibt seltsam fern.

Have A Nice Day

6 / 10
(Foto: Copyright Grandfilm)

Eine Tasche mit Geld ist weg. Am Ende liegt sie offen auf der Straße und weicht langsam im Regen durch. Der chinesische Regisseur und Künstler Liu Jian hat in drei Jahren Arbeit ganz allein und mit viel schwarzem Humor dieses wunderbare Gangsterdrama gezeichnet, das man sich wie eine animierte Graphic Novel vorstellen kann. Der spröde, realistische Zeichenstil transportiert fein gewobene Entfremdungsgefühle. Sie legen sich wie eine Wachsversiegelung auf ein Land, in dem jeder der Killer und jeder das Opfer ist.

Holmes & Watson

7 / 10
(Foto: dpa)

Dieser Film wurde mehrfach als schlechtester Film des Jahres 2018 betitelt. Das ist eine Untertreibung. Insofern, dass es schlechte Filme gibt, deren Schlechtsein wenigstens unterhaltsam ist, erhellend, absurd, eigen. Etan Cohens Holmes & Watson ist ein aus Kotzwitzen zusammengezimmerter schlechter Frankenstein, der gerne Monthy Python wäre. Für das Eintrittsgeld lieber statt einmal zweimal Popcorn holen, auf der Treppe vorm Kino sitzen und auf die eigenen Füße starren. Ist unterhaltsamer.

The Prodigy

8 / 10
(Foto: Copyright 2018 Orion Releasing LLC. All Rights Reserved.)

Viele Eltern würden für ihre Kinder alles tun. Aber was, wenn der Kleine von einem Ungarisch sprechenden Serienmörder besessen ist? Regisseur Nicholas McCarthy hat dieser verzwickten Frage einen sehr konventionellen Horrorfilm gewidmet - mit vielen billigen Jumpscare-Momenten und Taylor Schilling als zu allem bereiter Helikoptermutter.

The Lego Movie 2

9 / 10
(Foto: dpa)

In Mike Mitchells phantasievollem, selbstironischen Sequel des ersten Lego-Films besteht die Welt weiter aus Legosteinen und popkulturellen Legofiguren. Aber die Feier der Besonderheit des Einzelnen ist dem Appell ans Zusammenarbeiten gewichen, und der Blick auf den einzelnen "Brick" dem großen Fluss des Aufbauens und Zerstörens. Ein Film, dem man den Enthusiasmus seiner Macher im Kreativitätsrausch ansieht.

Stiller Kamerad

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(Foto: Copyright Ascot Elite Filmverleih)

Pferde als Heilmedien für traumatisierte Bundeswehrsoldaten? Klingt esoterisch, macht aber durchaus Sinn und ist für die seelisch Gebeutelten oft einzige Hoffnung. Der zurückhaltende und äußerst sensibel erzählte Dokumentarfilm begleitet drei Soldaten mit posttraumatischen Belastungsstörungen während ihrer Pferdetherapie bei der Psychotherapeutin Claudia Swierczek. Ein intimer Blick in den Gemütszustand der als austherapiert geltenden Patienten, die mit den Dämonen ihrer Vergangenheit umzugehen lernen.

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