Deichkind-Aktion mit Lars Eidinger:Blau am Bande

Deichkind-Aktion mit Lars Eidinger: Lars Eidinger als menschlicher Pinsel im Deichkind-Film.

Lars Eidinger als menschlicher Pinsel im Deichkind-Film.

(Foto: Auge Altona für Deichkind)

Größer geht's immer - Deichkind haben Lars Eidinger als lebenden Pinsel benutzt und mit ihm ein 200 Quadratmeter großes Bild gemalt. Das wird nun verkauft.

Von Carolin Gasteiger

Hängen, tunken, wisch, dreh, Punkt, Punkt, Komma, Strich ... Deichkind malen Michelangelos Deckenfresko "Die Erschaffung Adams" nach. Mit einem menschlichen Pinsel namens Lars Eidinger. Tatsächlich hängt der Schauspieler in dem achtminütigen Film, der bei der letzten Tour der Band vor Corona als Eröffnungsvideo lief, nackt an einem Stahlseil, wird in Farbe getaucht und räkelt sich dann in recht kunstvollen Bewegungen auf der Canvas.

Nun steht das Bild zum Video, in dem statt Deichkind das Stück "Shadow" des niederländischen Cellisten Ernst Reijseger zu hören ist, per Crowdfunding zum Verkauf. Beim Betrachten des acht Minuten dauernden Videos hat man, klar, den Hit der Band "Denken Sie groß" im Kopf. Weil sie halt nicht irgendein Gemälde nachmalen und auch nicht irgendeinen Pinsel verwenden, sondern Michelangelo mit dem blauen Eidinger am Bande - und dann natürlich auch nicht in beliebigem Blau, sondern: Ultramarinblau von Yves Klein.

Der französische Maler, der sich selbst "Yves Le Monochrome" nannte, liebte großflächige unifarbene Gemälde, vornehmlich in Blau. Für seine Anthropometrien ließ er weibliche Modelle in diesem Blau ihre Körper auf senkrechte und waagrechte Leinwände pressen, vor Publikum. Währenddessen spielte ein Orchester, Klein dirigierte im Frack.

Als Reverenz an Klein und seine Kunst windet sich nun also Eidinger in Blau kunstvoll auf dem Boden. Und an manchen Stellen hat das wirklich was von einem Tanz. Mal spielt er Schubkarre, mal spuckt er Farbe, und die Fingerzeigstelle des Gemäldes zieht er mit seinem Zeigefinger exakt nach. Sieht anstrengend aus.

Deichkind-Aktion mit Lars Eidinger: Von oben koordinierten Deichkind Eidingers Bewegungen, sodass "Die Erschaffung des Lars" entstand.

Von oben koordinierten Deichkind Eidingers Bewegungen, sodass "Die Erschaffung des Lars" entstand.

(Foto: Jan Reiser; Copyright: Deichkind, Björn Beneditz, henning besser, Christian Rothmaler)

Aber "Denken Sie groß" passt nicht nur zu Deichkind, sondern auch zu Eidinger, der bereits in mehreren Musikvideos der Band zu sehen war - in "Keine Party" stampft er durch Berlin, und in "Richtig gutes Zeug" füttert er ein Schweinchen mit Sushi. Überhaupt ist er dauerpräsent, als er im vergangenen Jahr seine 550 Euro teure Ledertasche im Aldi-Look präsentierte, sagte er dazu im SZ-Interview: "Es geht in meiner Kunst nicht um Moral." Sonst hätte er sich ja vielleicht auch überlegen können, ob es nicht an Plagiat grenzt, was er da farbtechnisch veranstaltet.

Auch bei Größe und Titel des Gemäldes denken die Macher mindestens mal groß: "Die Erschaffung des Lars" misst 200 Quadratmeter. "Gemalt an vier Tagen mit einem menschlichen Pinsel", heißt es dazu. Es sei rückseitig "von Künstlern und Pinsel signiert". Das Bild ist eines von vielen zum Verkauf stehenden Objekten und Aktionen, darunter auch Bass-Unterricht mit Bassist Porky - 300 Euro, ausverkauft - die der Deichkind-Crew in Corona-Zeiten ohne Auftritte helfen sollen. Aktuell liegt der Wert bei 149 000 Euro. An Michelangelo erinnert es, nun ja, mit ganz viel Fantasie, das Kunstmagazin Monopol nennt das Werk "eine Anthropometrie für die Mehrzweckhalle". Es passt jedenfalls definitiv nicht in eine von Eidingers Aldi-Taschen.

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:"Es geht in meiner Kunst nicht um Moral"

Weil er mit einer 550 Euro teuren Ledertasche im Aldi-Look vor einem Obdachlosenlager posierte, erntete der Schauspieler Lars Eidinger heftige Kritik. Ein Gespräch über Shitstorms, Narzissmus und das Leben im Kapitalismus.

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