Laibach in Nordkorea:Wie viel Ironie versteht ein Diktator?

Laibach in Nordkorea: Diese Statuen sollen die Mitglieder von Laibach symbolisieren. Die Band plant einen Gig in Nordkorea.

Diese Statuen sollen die Mitglieder von Laibach symbolisieren. Die Band plant einen Gig in Nordkorea.

(Foto: AFP)

Die Band "Laibach" will diese Woche in Nordkorea spielen. Daniel Miller, Chef ihres Musiklabels, über Sinn und Risiken der Reise.

Wie viel Ironie versteht ein Diktator? Diese Frage wird sich am Mittwoch und Donnerstag stellen, wenn die slowenische Rockband Laibach in Pjöngjang auftritt. Sie ist vom dortigen "Komitee für kulturelle Beziehungen mit dem Ausland" eingeladen worden, die Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag der Befreiung Koreas von der japanischen Besatzung musikalisch zu begleiten. Es werden die ersten Auftritte einer westlichen Rockband in dem abgeschotteten Land seit Jahrzehnten sein.

"Die Aktion passt sehr gut in die Logik der Band", sagt Daniel Miller, der Laibach 1987 unter Vertrag nahm und seitdem ihre Alben herausbringt. "Laibach ging es schon immer darum, an Tabus zu rühren, und das mit großer Kunstfertigkeit, mit Polemik und Satire."

Laibach gründeten sich 1980 in Jugoslawien unter Tito und hatten in ihrer Heimat in den Achtzigerjahren einige Jahre lang Auftrittsverbot. Normalerweise spielen sie brachiale Marschrhythmen und kleiden sich in Militäruniformen. Diese künstlerische Auseinandersetzung mit den Inszenierungstechniken des Totalitarismus wirkt auf viele einschüchternd, häufig wird sie als ernstgemeint missverstanden.

Wird Kim Jong-un Konzertgast sein?

Die Band hat angekündigt, bei ihren Auftritten, bei denen mutmaßlich auch Staatschef Kim Jong Un anwesend sein wird, Adaptionen nordkoreanischer Volksweisen zu spielen, neben Songs aus dem amerikanischen Musical "The Sound of Music". "Mir war auch neu, dass 'The Sound of Music' in Nordkorea offenbar sehr beliebt ist", sagt Miller. "Vielleicht liegt es daran, dass in dem Musical viele Kinder mitspielen und viel gesungen und getanzt wird. Singende und tanzende Kinder in epischen Inszenierungen, das ist doch ein großes Ding in Nordkorea, oder nicht?"

Muss man als westliche Band dem nordkoreanischen Regime Geld bezahlen, um in dem Land auftreten zu dürfen? Der 64-jährige Musikmanager aus London, der auch als Entdecker von Depeche Mode gilt, verneint: Laibach würden kein Geld zahlen, um dort auftreten zu dürfen. Dass die Auftritte westliche Touristen anlocken und so dringend benötigte Devisen in den Diktatorenstaat brächten, lässt Miller als Kritik nicht gelten: "Wie viel Geld wird durch die Touristen ins Land gebracht, verglichen mit dem, was die ganze Aktion kostet? Ich schätze, Einnahmen und die Ausgaben werden sich höchstens die Waage halten."

Miller plant, selbst zu den Konzerten zu reisen: "Mal schauen, ob sie mich reinlassen". Von einem kulturellen Boykott Nordkoreas hält er nichts: "Wenn es in einem Land, das man besucht, keine Meinungsfreiheit gibt, dann ist das vielleicht umso mehr ein Grund, dort aufzutreten", sagt er. "Wenn man die Menschen in einem Land komplett von allem abschneidet, ist damit auch niemandem geholfen."

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