Lady Gaga in Bildern:Das Nichts steht ihr gut

Vor einem Jahr erschien Lady Gaga auf der Bildfläche - und absolvierte die schnellste Popkarriere der Welt: Sie zitiert Rilke, lebt aber den Trash. Die Bilder.

Claudia Fromme

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Lady Gaga

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Vor einem Jahr erschien Lady Gaga auf der Bildfläche - und absolvierte die schnellste Popkarriere der Welt: Sie zitiert Rilke, lebt aber den Trash. Die Bilder.

Bei der Suche nach neuen Märkten wildern Unternehmen gern im leichten Fach. Sie hoffen darin prominente Werbebotschafter zu finden, die zu ihrer Marke passen. Das gelingt mal mehr, mal weniger. Dass Heidi Klum auch privat Frittenbuden besucht, glaubt man nicht so recht. Und dass ausgerechnet Pelé, Vater von sieben Kindern, einige davon außerehelich, auf die die Potenzpille Viagra angewiesen ist, regt zu Stirnrunzeln an. Vor einigen Tagen aber, da wurde in Las Vegas die natürlichste aller Liaisons enthüllt: Lady Gaga und Polaroid.

Text: Claudia Fromme/SZ vom 20.1.2010/sueddeutsche.de/iko

Foto: oH

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Das Sofortbild und die Trashsängerin. Man drückt den Auslöser und schon ist das Instantbild da. Die Farben sind etwas zu grell, aber das stört keinen. Es ist ja nicht für die Ewigkeit. Die Fotos landen nicht in Alben, sondern höchstens in Kisten. Nach Jahren holt man sie heraus, die Farben sind verblichen, und man sagt zu sich: Wir waren schon ziemlich meschugge damals. So ist das auch mit Lady Gaga.

Foto: FilmMagic

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Stefani Germanotta, wie die 23-jährige New Yorkerin bürgerlich heißt, ist das bislang erfolgreichste Instantprodukt der Popbranche. Fast genau vor einem Jahr landete sie mit "Just Dance" ihre erste Nummer eins in den US-Charts, danach in Europa. Vier Songs aus ihrem Debüt "Fame" erreichten in den USA Platz eins, das hat zuvor noch keine Frau geschafft. "Pokerface" wurde 2009 in Deutschland das am häufigsten heruntergeladene Lied, weltweit gab es zehn Millionen Downloads. Allein mit ihrer Musik wäre sie niemals so schnell so bekannt geworden. Ihre Lieder leben von Zitaten, ein wenig Glam der 70er, ein bisschen Pop der 80er und viel Eurodance der 90er. Dieses unsägliche Keyboardgeschnurre, das meist von Deutschen oder Dänen mit zu gelben Haaren ersonnen wurde. Musik für den Autoscooter, vor dem Männer junge Frauen zum Mitreisen suchen. Lady Gaga singt "Ra Ra Ah Ah Ah", "Ga Ga Oh La la" und "Po Po Po Pokerface", und die Wortwahl ist konsequent, benennt sie sich doch nach dem Queen-Lied "Radio Ga Ga", zu dem sich Drummer Roger Taylor vom Gebrabbel seines Sohnes hat inspirieren lassen.

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In einer Zeit, in der alle Welt die Authentizität des Vollpfunders Beth Ditto und Stings Meditationen über den Winter bejubelt, ist Lady Gaga der erfolgreiche Gegenentwurf. "Wenn ich einen Song komponiere, sehe ich das Outfit schon vor mir", sagt sie. Zu den MTV-Awards erschien sie in einem Ganzkörperstrumpf aus roter Spitze. Sie trägt grüne Kleider, an denen wie Trophäen erlegte Kermits hängen, führt Rüstungen vor, aus deren Brustpanzer Feuer sprüht. Königin Elisabeth II. machte sie ihre Aufwartung in einer feuerroten Lkw-Plane mit Puffärmeln und Glitzeraugenbinde. In ihrem Musikvideos kulminiert der Kostümball in einer perfekten Inszenierung des Nichts, im Video zu dem Lied "Bad Romance" teilt sie in schwülstiger Rokoko-Kulisse ihr Bett mit einem Skelett, und leise spielt ein Spinett.

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Lady Gaga ist die Marie Antoinette der Musikbranche, ein mittlerer Charakter, aber mit den tollsten Kleidern und Frisuren. Immer zu dick aufgetragen, immer zu teuer. Eine Verpackungskünstlerin. Trotz ausverkaufter Hallen macht sie bei ihren Konzerten Miese. Allein auf der derzeitigen US-Tour soll sie 2,2 Millionen Euro mehr ausgegeben als eingenommen haben, 800.000 Euro sollen allein ihre Kostüme kosten. Sie tritt täglich auf, und so verwundert es nicht, dass sie unlängst zusammengeklappt ist, vor dem Konzert in Lafayette, Indiana. Über Twitter teilte sie mit, dass "Überanstrengung und Dehydrierung" dazu geführt habe.

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Sie gibt Freddie Mercury und David Bowie als Ziggy Stardust als stilistische Vorbilder an, und beschäftigt eine Batterie von Stylisten im "Haus of Gaga". So nennt die abgebrochene Studentin der New Yorker Tisch School of Arts ihr Kreativteam, frei nach dem Bauhaus und Andy Warhols Factory. Lady Gaga trägt meist Gaga, selten Kreationen etablierter Designer, zuweilen Marc Jacobs, das sieht an ihr trutschig aus, weil zu gewöhnlich. Mario Testino bettelte um einen Fototermin, der Designer Hedi Slimane ebenfalls. Bei einigen Defilees wurden Spitzenaugenbinden à la Gaga gesichtet, mehr aber auch nicht. Das Prädikat "Mode-Ikone" liegt noch bei Gwen Stefani, Kylie Minogue und Madonna, die Lady Gaga nicht als Inspiration gelten lassen will.

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Die Sängerin Tori Amos, die die Fraktion der Authentischen vertritt, sagt ihr erwartungsgemäß eine geringe Haltbarkeit voraus. Sie sei nur ein Phänomen der Weltwirtschaftskrise. "Die halbe Welt ist depressiv und muss unterhalten werden", sagte sie. "In ein paar Jahren wird keiner mehr von ihr sprechen." Lady Gaga kündigte darauf großspurig im Sunday Telegraph an: "Ich will die nächsten 25 Jahre Popmusik mitbestimmen."

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Popkritiker neigen dazu, alles Mögliche in Lady Gaga hineinzuinterpretieren. Sie sehen ihren Mainstream als subversiven Akt einer Künstlerin aus dem New Yorker Underground. Lady Gaga zitiert Montaigne und trägt ein Rilke-Zitat auf den Arm tätowiert, auf Englisch, das in dem Satz mündet: "Fragen Sie sich in der stillsten Stunde Ihrer Nacht: Muss ich schreiben?" Sofort geriet Lady Gaga unter Intellektualitätsverdacht. Aber muss man davon ausgehen, dass in der Branche jeder so tumb ist wie Britney Spears, für die Lady Gaga - wie auch für die Pussycat Dolls - mal Songs schrieb? Victoria Beckhams Nacken ziert ein Satz aus dem Hohelied auf Hebräisch. Sarah Connor trägt Dante. Ist die Spielerfrau also Jesus und die Sängerin Umberto Eco? Eben.

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Die Stärke der Sängerin aus bürgerlichem Hause ist doch, dass sie sich jeder Interpretation entzieht, dass sie viel zeigt, aber nichts von sich preisgibt. Sie zelebriert ihre Kunst des Gagaismus als ständigen Kindergeburtstag und alle machen mit. Als sie vor drei Tagen bei Oprah Winfrey auftrat, hüpfte diese mit obskurer Brille vor der Bühne auf und ab und sang angetan mit. Endlich mal nicht nachdenken. "Ich fordere alle auf, gaga zu sein", sagt Lady Gaga. Warum denn nicht?

Foto: ddp

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Bei jedem ihrer vielen Konzerte gibt es aber immer einen Moment der Irritation. Dann nämlich, wenn sie etwas ganz Wildes tut, sich ans Klavier setzt und eine Ballade spielt wie "Speechless". Ohne Posen. Das zur Kostümparty aufgehübschte Publikum wirkt dann immer ein wenig hilflos. Vielleicht weil es dafür bessere Künstler gibt, Tori Amos vielleicht.

Foto: AP

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