Kurzkritiken zu den Kinostarts der Woche:Von Posse zu Posse

In "Miss Sixty" mit Iris Berben wird die Teen-Comedy auf die ältere Generation übertragen, Zac Efron erlebt in "Für immer Single?" wilde Eskapaden und Johnny Depp greift in "Transcendence" als fieses Superhirn recht künstlich nach der Weltherrschaft. Für welche Filme sich der Kinobesuch lohnt - und für welche nicht.

Von den SZ-Kinokritikern

12 Bilder

Stardom Kino, Pop, Doku

Quelle: Weltkino Filmverleih GmbH

1 / 12

Für welche Filme sich der Kinobesuch lohnt - und für welche nicht. Die Filmstarts vom 24. April auf einen Blick - bewertet von den SZ-Kritikern.

20 Feet From Stardom

Eine Handvoll Frauen hat die Musikgeschichte geprägt und keiner weiß davon. Morgan Nevills Oscar-prämierter Dokumentarfilm rückt sie ins Rampenlicht. Darlene Love und Mary Clayton gehörten zu den ersten schwarzen Backgroundsängerinnen überhaupt. Alle waren sie Pfarrerstöchter, alle begnadete Sängerinnen. Nicht alle hatten den Wunsch, in der ersten Reihe zu stehen - und nur wenige haben es geschafft. Aber Hits wie "Gimme Shelter", "Young Americans" und "Sweet Home Alabama" wurden durch ihren Klang unvergesslich.

Antonia Mahler

Amazonia Kino, Dschungel, Doku, 3D

Quelle: polyband Medien GmbH

2 / 12

Amazonia

Bizarre Insekten, knallbunte Papageien, riesige Anakondas. Welch extravaganten Prunk die Natur doch im Regenwald entfaltet! Thierry Ragobert schildert das Natur-Panorama in brillanten 3D-Aufnahmen. Aber er will seine Hommage an den gefährdeten Amazonas-Regenwald nicht im Dokumentarischen belassen und implantiert dem Dschungel die dürftig konstruierte Abenteuergeschichte eines domestizierten Kapuzineräffchens.

Rainer Gansera

Kinostarts - 'Für immer Single?'

Quelle: dpa

3 / 12

Für immer Single?

Drei Jungs, angeführt von Zac Efron, haben jenen "Awkward Moment" - so der Originaltitel - satt, in dem Frauen nach dem Sex gleich eine Beziehung wollen. Also lässt Tom Gormican sein Triumvirat einen One Night Stand-Pakt abschließen, jagt es von Posse zu Posse - und sieht schließlich ein, dass die misogynen Eskapaden, wie bereits Shakespeare wusste, von dem er sich anscheinend inspirieren ließ, verlorene Liebesmüh' sind.

David Steinitz

Im Bild: Zac Efron als Jason

Gabrielle Kino, Tragikomödie, Behinderung

Quelle: Haut et Court / Philippe Bossé

4 / 12

Gabrielle

Was ist eigentlich hochbegabt? Die Mitglieder im Chor, von dem Louise Archambault erzählt, sind allesamt behindert - und großartige Sänger. Gabrielle möchte gern unabhängig sein, vielleicht sogar eine Familie haben - und sie ist bis über beide Ohren in einen ihrer Mit-Sänger verknallt. Wunderschönes kleines Porträt, das einen für anderthalb Stunden die Welt mit anderen Augen sehen lässt.

Susan Vahabzadeh

Im Bild: Gabrielle Marion-Rivard (l.) als Gabrielle und Alexandre Landry als Martin

Kinostarts - 'Irre sind männlich'

Quelle: dpa

5 / 12

Irre sind männlich

Inmitten des Gag-Streufeuers seiner Liebeskömodie versucht sich Regisseur Anno Saul an der Zusammenführung von esoterischer Therapie-Kultur und dem Paarungswahnsinn von Singles über Dreißig: Fahri Yardim und Milan Peschel funktionieren als notgeile Kindsmänner Gruppensitzungen zu Dating-Plattformen um. Was im Ansatz ein modernes Lustspiel verspricht, verhakt sich dann aber zwischen Geschlechterklischees und mittelmäßigen Pointen.

Annett Scheffel

Im Bild: Fahri Yardim (l.) als Daniel und Milan Peschel als Thomas

Kinostarts - 'The Invisible Woman'

Quelle: dpa

6 / 12

The Invisible Woman

Auf Dominik Grafs "Die geliebten Schwestern" folgt ein zweiter Blick hinter die Kulissen großer Literatur, nach Schillers Liebesleben wird Dickens heimliche Affäre mit einem fast dreißig Jahre jüngeren Mädchen erforscht, die 13 Jahre bis zum Tod des Dichters währte. Statt eine schlüpfrig anzügliche Affäre auszubreiten, erzählt Ralph Fiennes als Regisseur und Star von einer verhalten intellektuellen Anziehung und lässt unter den erlesenen Oberflächen eines gar nicht angestaubten, viktorianischen Kostümdramas ganz moderne Gefühle vibrieren.

Anke Sterneborg

Im Bild: Ralph Fiennes als Charles Dickens und Felicity Jones als Nelly Ternan

Kinostarts - 'Miss Sixty'

Quelle: dpa

7 / 12

Miss Sixty

Eine Komödie über künstliche Befruchtung im fortgeschrittenen Alter: Frustrierte Biologin (Iris Berben) gerät auf der Suche nach einem Samenspender an einen Kurator in der Midlife-Krise (Edgar Selge). Siegrid Hoerner überträgt die Mechanismen der Teen-Comedy auf die ältere Generation - und weiß die Gewissensfrage nach dem späten Kinderwunsch nur bedingt in ihren Versuchsaufbau zu integrieren.

David Steinitz

Im Bild: Iris Berben (l) als Luise, Edgar Selge (M.) als Galerist Frans und Carmen-Maja Antoni als Mutter Doris

Ride Along Kino, Gangster, Komödie, Polizei

Quelle: Universal Pictures Germany

8 / 12

Ride Along

Atlanta als Schauplatz, immer gut, klassisches Buddy-Movie-Muster beim Einsatz von zwei schwarzen Cops, auch nicht schlecht: Erst hassen sie sich, dann retten sie sich gegenseitig, dann lieben sie sich, dann fliegt irgendwas Großes in die Luft. Bloß gibt sich Regisseur Tim Story soviel Mühe mit dem Witz, dass man im Film mehr Anstrengung spürt als Übermut.

Doris Kuhn

Im Bild: Ice Cube (l.) als James Payton und Kevin Hart als Ben Barber

Scialla Kino, Rom, Gangster

Quelle: White Pictures

9 / 12

Scialla!

Ein Literat erfährt, dass er einen Sohn hat (Filippo Scicchitano), einen schulschwänzenden Möchtegerngangster. Da selbst die echten Gangster Pasolini zitieren, führt kein Weg an der Schule vorbei; da wir in Italien sind, auch nicht am Chauvi-Gehabe; da es eine Komödie ist, ist beides völlig cool. "Geht's noch konformistischer?", fragt Pasolinis Geist. "Scialla", bleib locker, empfiehlt Francesco Bruni.

Philipp Stadelmaier

Im Bild: Filippo Scicchitano (M.) als Luca mit Gang

Tao Jie Kino, Tragikomödie, Hongkong

Quelle: Les Acacias

10 / 12

Tao Jie

Ein Leben lang hat Fräulein Tao (hinreißend: Deanie Yip) als Haus- und Kindermädchen gedient, jetzt wird sie zum Pflegefall und der junge Herr (Andy Lau), Filmproduzent in Hongkong, kümmert sich um sie. Plötzlich wird ihm klar, dass sie die gute Seele der Familie und der Schutzengel seiner Kindheit war. Ein bewegendes Portrait, gezeichnet von der Poetin des Hongkong-Kinos Ann Hui mit zarter Einfühlung und drolligem Witz.

Rainer Gansera

Im Bild: Deanie Yip (l.) als Fräulein Tao und Andy Lau als Roger

Kinostarts - 'Transcendence'

Quelle: dpa

11 / 12

Transcendence

Johnny Depp als Superhirn, das mit den Schaltkreisen eines Großrechners fusioniert und aus dem Cyberspace nach der Weltherrschaft greift - will man das glauben? Wally Pfister, Christopher Nolans Blockbuster-erprobter Kameramann, setzt für seine Regiedebüt alles auf diese Karte. Bierernst und schickalsschwanger wird wieder mal die Angst vor der Technik beschworen, aber alles wirkt steif, uninspiriert und heftig unterfinanziert. Und wenn man aus der Künstlichen Intelligenz die Intelligenz streicht, bleibt leider nur die Künstlichkeit.

Tobias Kniebe

Im Bild: Johnny Depp als Dr. Will Caster

Zärtlichkeit Kino, Beziehungen, Sex

Quelle: Salzgeber

12 / 12

Zärtlichkeit

Marion Hänsels Familienfilm ist so luftig und zart, dass er sich leicht übersehen lässt - das wäre aber ein Fehler. Was Menschen füreinander sein können, Formen von Liebe und Fürsorge werden durchgespielt, während ein Ex-Ehepaar zum gemeinsamen Sohn reist, der einen Skiunfall hatte. Ein Film für Erwachsene, nuancenreich gespielt, mit delikaten Bildern.

Martina Knoben

Im Bild: Margaux Chatelier als Alison und Adrien Jolivet als Jack

© SZ.de/pfn
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: