Kurzkritiken zu den Kinostarts der Woche:Sommerliche Schwüle

Drei Schwestern müssen in einem argentinischen Familiendrama alleine zurechtkommen. Eine Berliner Hacker-Gruppe übernimmt sich mit Internet-Streichen und redet wie im 50er-Jahre-Heimatfilm. Für was sich der Kinobesuch lohnt - und für was nicht.

Von den SZ-Kinokritikern

Der 7bte Zwerg

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(Foto: dpa)

In Harald Siepermanns animiertem Märchen-Mashup im Shrek-Stil eilen die sieben Zwerge zur Rettung einer schlafenden Prinzessin. Auf ihrer Reise treffen die von Otto Waalkes und seinen Comedy-Buddys gesprochenen Helden ein rappendes Walross mit Waterkant-Dialekt und einen überarbeiteten Drachen, der kein Feuer mehr spucken kann. Eine gradlinig mit Liebe zum Detail erzählte Geschichte über Toleranz und Gemeinschaftsgefühl. Neu im Kino: "Der 7bte Zwerg", vorgestellt im Video.

I Origins - Im Auge des Ursprungs

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(Foto: dpa)

Nüchterner Wissenschaftler (Michael Pitt) verliebt sich in geheimnisvolle Schöne (Astrid Bergès-Frisbey), die an Seelenwanderung glaubt. Independent-Regisseur Mike Cahill entfaltet sein Fasziniertsein vom Widerstreit zwischen Rationalität und Spiritualität in einer kühnen Kombination aus Science Fiction, philosophischem Gedankenspiel und Poesie. Im Kern erzählt er herzzerreißend vom Amour Fou. Im Bild: Michael Pitt (links) als Dr. Ian Grey und Astrid Berges-Frisbey als Sofi.

Im Krieg

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(Foto: Neue Visionen)

Der Erste Weltkrieg in 3D und Farbe - Aufnahmen im Stereoskopieverfahren, die koloriert wurden, machen es möglich. Der Effekt ist stark, ganz nah rückt die Historie heran. Jenseits von 3D-Wow und den eindringlichen Zitaten von Zeitzeugen hat die Doku von Nikolai Vialkowitsch aber zu wenig zu bieten. Ein Aufklappbuch mit Bewegung.

Kings of Kallstadt

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(Foto: dpa)

Donald Trump kommt aus Kallstadt, die Tomatenketchup-Heinz-Dynastie auch. Simone Wendel, ebenfalls Kallstadterin, nimmt das zum Anlass für einen liebevoll ironischen Dokumentarfilm über ihren pfälzischen Heimatort und dessen Erfolgs-Gen. Schließlich wird ihr die Welt zum Dorf - gemütlich. Im Bild: Die Dokumentarfilmerin Simone Wendel in Kallstadt (Rheinland-Pfalz).

Like Father, Like Son

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(Foto: FilmKinoText)

Boyhood auf japanisch, zwei glückliche Familien sehen sich zum plötzlichen Umbau forciert. DNS-Proben stimmen nicht überein, ihre Jungs wurden, über Kreuz, im Krankenhaus nach der Geburt vertauscht, sollen nun in die eigentliche Familie (zurück). Kore-Eda Hirokazu, der so wunderbar Kinder in ihrer schönen, elementaren Unabhängigkeit filmt, präsentiert eine Meditation über das Glück, seine Voraussetzung, seine Gefährdung, seine Notwendigkeit. Im Bild: Keita Ninomiya, Masaharu Fukuyama.

Offene Türen, offene Fenster

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(Foto: One Filmverleih)

Die Trauer um die verstorbene Großmutter lastet auf dem großen düsteren Haus, in dem die drei Schwestern Alicia, Violeta und Marina nun alleine zurecht kommen müssen. Sommerliche Schwüle, Langeweile und Eifersüchteleien verdichten sich in dem Spielfilmdebüt der argentinischen Regisseurin Milagros Mumenthaler zu einem feinsinnigen Familiendrama mit Coming-of-Age Elementen. Behutsam und subtil erzählt der Film von der Sehnsucht nach Geborgenheit. Im Bild: Ailín Salas, María Canale, Martina Juncadella.

Phoenix

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(Foto: dpa)

Berlin nach dem Holocaust: Nina Hoss spielt mit brennenden Augen und geisterhafter Durchsichtigkeit eine KZ-Überlebende, die von ihrem nicht-jüdischen Ehemann (Ronald Zehrfeld) nicht loskommt, obwohl er sie verraten hat. Christian Petzold, der Traumaforscher des deutschen Films, wagt sich ins Herz der deutschen Finsternis vor, will aber die moralischen Fragen, die dort lauern, gar nicht beantworten. Ihm geht es um die Asche einer Liebe: Trümmer Noir. Eine ausführliche Filmbesprechung lesen Sie hier. Im Bild: Nina Kunzendorf als Lene (links) und Nina Hoss als Nelly.

Sieben verdammt lange Tage

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(Foto: dpa)

Shawn Levys Film ist sozusagen der witzige Cousin von "August, Osage County": Nach dem Tod ihres Mannes versammelt Jane Fonda ihre Kinder im Haus und zwingt ihnen eine einwöchigen Totenwache auf, während der sämtliche Psychosen und Traumata einer Familie auf den Tisch kommen - was, Jason Bateman und Tina Fey sei dank, herrlich gestört ist und doch wahrhaftig. Humor kann ja durchaus tiefsinnig sein. Neu im Kino: "Sieben verdammt lange Tage", vorgestellt im Video. Im Bild (von links nach rechts): Jason Bateman als Judd Altman, Adam Driver als Phillip Altman, Corey Stoll als Paul Altman und Kathryn Hahn als Annie Altman.

Ein Sommer in der Provence

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(Foto: Françoise Lefebvre / Gaumont)

Ein Film, der für den mauen Sommer entschädigen mag. Drei Kids werden aus Paris zu den Großeltern aufs Land verschickt, ihre Eltern wollen die Scheidung. Der Opa ist Jean Reno, im Kino bislang als harter Schläger bekannt, hier knarzig und vor allem seinen Ölbäumen zugetan, von den Kids aber, zwei Teenies und dem kleinen Théo mit seinen "Sounds of Silence", sympathisch schnell umgestimmt. Regisseurin Rose Busch ist bekennendes Provence-Kind. Im Bild: Jean Reno, Lukas Pelissier.

Spirit Berlin

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(Foto: Kinostar Filmverleih GmbH)

Das Konzept "Seele" scheint im hektischen Chaos Berlins ja erst einmal hoffnungslos überfordert. Trotzdem oder gerade deswegen sucht Stephan Erleuchtung. Ein Gegensatz, der Kordula Hildebrandts Dokumentation über die spirituelle Nischen der Stadt - von, klar, Yoga über Hare Krishna bis zu Klangheilung - zunächst eine warm kribbelnde Spannung einhaucht. Statt meditativ zu fließen verliert sich der Film aber in einer Hetzjagd durchs Überangebot - wie sein Protagonist. Im Bild: Stephan Ziller.

Walking On Sunshine

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(Foto: dpa)

Sommer, Sonne, Sand und Wellen im italienischen Puglia - und mittendrin zwei Schwestern. Die eine schickt sich an, einen italienischen Sixpack-Beau zu heiraten, ohne zu wissen, dass er die Herzschmerz-Urlaubsliebe ihrer Schwester war. Oberflächensüchtiges Achtzigerjahre-Musical vom "Streetdance"- Regieduo Max Giwa und Dania Pasquini, im Stil eines überlangen Eiskrem-Werbespots. Im Bild: Leona Lewis (links) als Elena und Hannah Arterton als Taylor.

Who am I

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(Foto: dpa)

Eine Berliner Hacker-Gruppe übernimmt sich mit ihren Internet-Streichen, als sie sich nach ein paar harmlosen Spaßaktionen mit dem BND und einem Super-Hacker anlegt. Baran bo Odar versucht sich an einem anständigen deutschen Genrethriller mit Tom Schilling und Elyas M'Barek in den Hauptrollen, was formal auch sehr schick aussieht - wenn nur nicht all die jungen Menschen miteinander reden würden wie in einem Fünfzigerjahre-Heimatfilm. Neu im Kino: "Who am I" vorgestellt im Video. Im Bild: Elyas M'Barek als Max und Hannah Herzsprung als Marie.

© SZ vom 25.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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