Kurzkritiken zu den Kinostarts der Woche:Horror-Stories und Mitternachtsorgien

Viel Poesie in "Begegnungen nach Mitternacht", mühsame Prozesse der Regeneration in "Quissa" und ausbaufähige Hacker-Horror-Science-Fiction in "The Signal". Für welche Filme sich der Kinobesuch lohnt - und für welche nicht.

Von den SZ-Kinokritikern

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(Foto: Real Fiction)

Viel Poesie in "Begegnungen nach Mitternacht", mühsame Prozesse der Regeneration "Quissa" und ausbaufähige Hacker-Horror-Science-Fiction in "The Signal". Für welche Filme sich der Kinobesuch lohnt - und für welche nicht. Die Filmstarts vom 10. Juli auf einen Blick - bewertet von den SZ-Kritikern. Art's Home is my Kassel Dass dieses Projekt Katrin und Susanne Heinz eine Herzensangelegenheit war, merkt man in jeder Minute ihrer wilden Doku über den Kasseler Documenta-Zirkus. Die größte Stärke dieses lustigen Films ist es, dass die Regisseurinnen neben den Kunstschaffenden in ihrer Festival-Isolation auch den eher desinteressierten Kasselern und ihren Klagen über die Veranstaltung Gehör schenken. Wodurch die Schwestern Zweckmäßigkeit und Wesen der Documenta immer schön widersprüchlich verhandeln. Benjamin Schaper

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(Foto: Sedna Films)

Begegnungen nach Mitternacht Ein dunkles Apartment, eine nächtliche Orgie. Yann Gonzalez' traurige, irrende Seelen kopulieren aber nur mit dem dunklen Hintergrund, der sie ständig umgibt, und aus dem sie wie aus dem Totenreich hervortreten, ihre Geschichte erzählen und wieder in ihm verschwinden. Sehr stark: das Ausloten dieser Nacht - die durch die sehr poetische Sprache vielleicht etwas zu sehr poetisiert wird. Philipp Stadelmaier Im Bild: Fabienne Babe als La Star (Mitte), Kate Moran als Ali (links), Niels Schneider als Matthias

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(Foto: Eksystent Distribution)

Ferner schöner Schein In diesem Drama des polnischen Künstlerehepaars Anka und Wilhelm Sasnal wird zwar kaum gesprochen, auch eine Handlung ist nur zu erahnen - doch funktioniert der Film auch jenseits von Sprache und dramaturgischen Finten. Die feindselige Atmosphäre in einem von der Außenwelt abgeschnittenen polnischen Dorf wird in schönster Kinomagie allein durch die bedrohlichen Bilder transportiert - denn hinter dem Postkartenidyll lauert ein Abgrund der Gewalt. Benjamin Schaper

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(Foto: dpa)

Die große Versuchung Ein kleines Fischerdorf in Not will sich als Standort einer Fabrik profilieren, Voraussetzung: ein niedergelassener Arzt. Also setzt die Dorfgemeinschaft die brachliegenden Energien ein, um einem jungen Schönheitschirurgen aus der Stadt das ländliche Paradies auf Erden vorzugaukeln, samt Cricket-Team, Traumfrau und Ersatzvater, mit indischem Curry, Geld, das auf der Straße liegt und gefrorenem Fisch an der Angel. Don McKellar verlegt das frankokanadische Original von 2003 mit Brendan Gleeson und Taylor Kitsch in den englischen Sprachraum, was nicht immer ganz rund, aber schrullig charmant ist. Anke Sterneborg Im Bild: Brendan Gleeson als Murray French (links) und Taylor Kitschin als Paul Lewis

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(Foto: N/A)

Die Karte meiner Träume Ein zehnjähriger Wunderknabe (Kyle Catlett) aus Montana erfindet ein Perpetuum Mobile und begibt sich auf eine Reise, um es der Welt vorzustellen. Ebenso will Jean-Pierre Jeunet sein Publikum mit seinen phantastischen Erfindungen beeindrucken, verstärkt durch ein selten aufdringliches 3D. Monoton und langweilig wie ein Perpetuum Mobile - und an Eitelkeit und Banalität kaum zu überbieten. Philipp Stadelmaier Im Bild: Kyle Catlett als TS Spivet

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(Foto: dpa)

Qissa Ein Geistergenderstück, aus deutsch-indischer Produktion, in seinem Zentrum zwei Mädchen, die sich sanft füreinander öffnen. Bis es dazu kommt, baut Anup Singh komplizierte, perverse Mechaniken um sie herum auf, mühsame Prozesse der Regeneration, des Wiederaufbaus. Der von Pakistan, nach der indischen Teilung 1947, der einer bürgerlichen Familie, in der der Vater (Irrfan Khan) es leid ist, dass seine Frau ihm nichts als Töchter liefert. Also funktioniert er die jüngste bei der Geburt in den ersehnten männlichen Nachfolger um. Fritz Göttler Im Bild: Irrfan Khan als Umber Singh

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(Foto: dpa)

Rico, Oskar und die Tieferschatten Mann, Mann, Mann! Der hinreißendste deutsche Kinderfilm seit Langem! Den besonderen Wortwitz und skurrilen Charme von Andreas Steinhöfels heißgeliebtem Kinderbuch kann Neele Leana Vollmar kongenial auf die Leinwand übertragen: Der "tiefbegabte" Rico und der superschlaue Oskar mit Helm (Anton Petzold, Juri Winkler), deren Freundschaft sich bei der Suche nach dem Schnäppchenentführer in Berlin-Kreuzberg bewähren muss. Rainer Gansera Im Bild: Anton Petzold als Rico (links) und Juri Winkler als Oskar

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(Foto: capelight pictures)

The Signal Eine kleine Hacker-Horror-Science-Fiction, in der sich ein junger Computernerd plötzlich in einem Versuchslabor in der Wüste wiederfindet und nicht mehr sicher ist, ob er es mit Hackern, Aliens oder Regierungsbeamten zu tun hat. William Eubanks Film ist eine Low-Budget-Produktion, sieht aber großartig aus. Und wenn sein Film auch nicht perfekt ist: Man wird noch von diesem Filmemacher hören. Susan Vahabzadeh

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(Foto: Weltkino)

Verführt und verlassen Würden Sie diesem Duo 15 Millionen geben? Alec Baldwin und der Regisseur James Toback fahren nach Cannes, um für ein geplantes Erotikdrama, das im Irak spielen soll, das nötige Kleingeld aufzutreiben. Die Dokukamera ist immer dabei. Sie treffen Milliardäre auf ihren Yachten, Filmverkäufer und heiße junge Stars wie Ryan Gosling und Jessica Chastain - aber niemand will so recht anbeissen. Stattdessen reden sie mit dann mit allen über Lust und Qual des Filmemachens, auch mit Legenden wie Coppola und Scorsese. Und dabei kommen ein paar erstaunliche Wahrheiten zu Tage. Tobias Kniebe

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(Foto: Pyramide Distribution)

Der wundersame Katzenfisch Wie eine junge Frau (Ximena Ayala), deren Leben eintönig verstreicht, wundersam aus dem Labyrinth ihrer Einsamkeit erlöst wird. Zufällig findet sie Unterschlupf in einer hübsch chaotischen Familie, und entdeckt dort, mitten im Alltagstrubel, wie bunt, laut und wunderbar das Leben sein kann. Preisgekröntes Spielfilmdebüt der Mexikanerin Claudia Sainte-Luce, das dramatische Lebenslektionen komödienleicht auffächert. Rainer Gansera

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(Foto: Warner Bros Entertainment)

Wara no tate - Shield of Straw Fünf Polizisten müssen einen Mädchenmörder nach Tokio eskortieren - nur hat der steinreiche Großvater seines letzten Opfers eine absurd hohe Belohnung auf seinen Kopf ausgesetzt, weshalb das ganze Land hinter ihnen her ist. Takashi Miike, Chef-Misanthrop des japanischen Kinos, balanciert diesmal nicht allzu elegant zwischen Noir-Krimi und Action-Groteske, hat aber seinen Hobbes sehr genau studiert. David Steinitz

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