Kurzkritiken zu den Kinostarts der Woche:Glamour-Prinz und Neukölln-Aschenputtel

Ein schwuler Star-Friseur verliebt sich in einer prächtigen Komödie in seine Kollegin. Die Selbstfindungsreise mit Rainer Langhans im Himalaya bleibt hingegen ein Touri-Trip. Für welche Filme sich der Kinobesuch lohnt - und für welche nicht.

Von den SZ-Kinokritikern

Am Sonntag bist du tot

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(Foto: Ascot Elite Home Entertainment)

Darf man im Kino einen guten Priester ermorden? John Michael McDonagh spielt brillant mit dieser Idee, und speziell in Irland wird aus solchen Spielen irgendwann Ernst: "Am Sonntag bist du tot" handelt von einer kleinen Kirchengemeinde im rauen Nordwesten, in der alle Schäfchen ein bisschen irre sind. Das ist sehr unterhaltsam. Ihr Hirte aber, gespielt von dem gewaltigen Brendan Gleeson, muss für die Sünden seiner Kirche geradestehen und weicht am Ende doch keinen Schritt zurück. Eine Rezension im Video sehen Sie hier. Im Bild: Brendan Gleeson

Die Boxtrolls

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(Foto: dpa)

Leben in Schachteln, eine echte Alternative. Den Boxtrolls gelingt es, sie haben Kartons als Körper, in die sie sich, zum Abschalten und Schlafen, zurückziehen - und schon sind sie ganz bei sich. Als ein entführtes Menschenbaby bei ihnen im Untergrund landet, ziehen sie es auf wie einen der ihren. Eggs steht auf dem Karton, in den sie ihn kleiden, und so heißt er dann auch. Ein tolles Stop-Motion-Animationsspektakel vom Team von Coraline und ParaNorman. Auf der Oberfläche, in der stinkbürgerlichen Stadt Cheesebridge ist alles Käse. Und die Boxtrolls gelten als Monster, die es zu jagen und auszurotten gilt ... Im Bild: Waisenjunge Eggs

Coming In

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(Foto: dpa)

"Hast du jemals deine Sexualität in Frage gestellt?" Schwuler Star-Friseur (Kostja Ullmann) verliebt sich in süße Friseuse von Nebenan (mit bezauberndem Audrey-Hepburn-Touch: Aylin Tezel). Die Berliner Schwulenszene is not amused. Fröhlich jongliert Regisseur Marco Kreuzpaintner mit Homo-Hetero-Klischees, und brezelt die Romanze vom Glamour-Prinzen aus Berlin-Mitte und dem Neukölln-Aschenputtel prächtig auf. Eine ausführliche Rezension zum Film lesen Sie hier.

Denk wie ein Mann 2

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(Foto: Sony Pictures)

Die üblichen, voraussehbaren Entgleisungen beim Junggesellenabschied in Las Vegas, dieses Mal in der afroamerikanischen Variante unter anderem mit Kevin Hart, Regina Hall und Dennis Haysbert. Nach seiner Verfilmung von Steve Harveys mit Binsenweisheiten gepflastertem Selbsthilfebestseller über den Geschlechter- und Beziehungskampf bedient sich Tim Story im albern überdrehten Nachschlag ziemlich unverfroren bei Vorbildern wie "Hangover" und "Bridesmaids".

Dieses schöne Scheißleben

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(Foto: dpa)

Doris Dörrie hat für ihren Dokumentarfilm ein paar weibliche Mariachi in Mexico City begleitet, stürzt sich mit den Frauen in die Menschenmenge an der Plaza Garibaldi, lässt sie erzählen, wie es ihnen ergeht, im Privatleben und im Wettstreit mit den männlichen Kollegen. Für ihren Job brauchen diese Frauen Stimmbänder und Nerven wie Drahtseile - und sie lieben die Herausforderung. Im Bild: Mariachi Band 'Maria del Carmen' zum mexikanischen Feiertag 'Dia de los Muertos' (Tag der Toden)

Good Luck Finding Yourself

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(Foto: dpa)

Wichtiger als die Suche nach spiritueller Balance ist dann doch die nach dem Internetzugang im Himalaya. Dokumentarist Severin Winzenburg begleitet seine krebskranke Mutter, Jutta Winkelmann, bei ihrer Indienreise mit zwei Freundinnen und dem schulmeisternden "Mentor" Rainer Langhans. Mehr Touri-Trip als Selbstfindungsreise. Ein Homemovie, das es nicht wagt, seinen Protagonisten wirklich nahe zu kommen. Im Bild: Autorin Jutta Winkelmann (links) und ihr langjährige Freund Rainer Langhans

Hin und weg

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(Foto: dpa)

Die jährliche Radtour mit der Freundesclique nutzt der an der Nervenkrankheit ALS erkrankte Hannes (Florian David Fitz) zum Abschiedstrip ins belgische Sterbehilfehotel. Doch mit seinem Beitrag zum Subgenre der letzten Reise mit Freunden und Familie will Christian Zübert ("Lammbock", "Dreiviertelmond") niemandem die Laune verderben, weshalb er zusammen mit Darstellern wie Jürgen Vogel, Julia Koschitz und Hannelore Elsner aufkeimenden Tiefgang schnell mit den Feelgood-Oberflächen eines fröhlichen Fahrradabenteuers wegspült. Im Bild (von links nach rechts): Mareike (Victoria Mayer), Dominik (Johannes Allmayer), Kiki (Julia Koschitz), Hannes (Florian David Fitz), Michael (Jürgen Vogel), Sabine (Miriam Stein) und Finn (Volker Bruch)

Ich bin das Glück dieser Erde

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(Foto: pro-fun)

Julián Hernández, Mexikos großer schwuler Filmemacher, erforscht die Choreografie der Liebe. Der eine Junge ist Tänzer, der andere Filmemacher. Die Gelassenheit der Körper hat manchmal etwas Verstörendes. Über dem Bett ein Plakat von Fassbinders Veronika Voss. Sehnsucht und Untreue. Manierismus der Identität, die Qualen eines Satzes wie "Es ist niemand hier ..." Im Bild: Emilio von Sternenfels (links)

Der Kreis

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(Foto: Salzgeber)

Geschichte des Züricher Schwulennetzwerks um die Zeitschrift "Der Kreis" ab der Nachkriegszeit. Zwei Veteranen, Röbi und Ernst, erinnern sich, teils vor der Kamera, anderes wird in Spielszenen "nachgestellt". Stefan Haupt beweist erneut, dass jedes Dokudrama, unabhängig von Thema und Anliegen, nur schlechtes, verschämt gespieltes Theater sein kann - um bloß nicht die "echten" Protagonisten zu ersetzen. Im Bild: Matthias Hungerbühler (links), Sven Schelker

Northmen A Viking Saga

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(Foto: dpa)

Passend zur großen Schau im Berliner Gropiusbau und im Windschatten der irisch-kanadischen Fernsehserie "Vikings" erobern die Wikinger jetzt auch die Leinwand. Unter der Regie des Schweizers Claudio Fäh strandet ein kleiner Trupp der kämpferischen Seefahrer an der felsigen Küste Schottlands und muss sich unter der Führung von Tom Hoppers Asbjörn in feindlichem Terrain gegen finstere Söldner verteidigen. Die rohen Wikingerenergien entladen sich in martialischen Schlachten, nur um alsbald in wildromantisch grandiosen Landschaften zu verpuffen.

Patriotinnen

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(Foto: axel-brandt-filmproduktion.de)

Eine rührende Dokumentation über die russische Dichterin Marina Zwetajewa. Ein Biopic ohne Gefühlsduselei. Zwetajewa führte eine platonische Fernbeziehung zu Rainer Maria Rilke, per Post. "Lieber Rainer, der erste Hund, den du nach diesem Brief streichelst, bin ich." Zwetajewas Briefe liest in diesem Film Iris Berben vor. Und ihre Gedichte singt die unvergleichliche Sängerin Elena Frolowa.

© SZ vom 23.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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