Kurzkritiken zu den Kinostarts der Woche:Ein Gauner und verstaubte Gruselfilm-Motive

Johnny Depp spielt Lord "Mortdecai", einen Dieb mit beschwipstem Charme und Schnurrbart. In "Ouija" suchen Teenager Kontakt zum Jenseits und müssen deshalb sterben. Für welche Filme sich der Kinobesuch lohnt - und für welche nicht.

Von den SZ-Kinokritikern

3 Türken und ein Baby

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(Foto: dpa)

Frankreich fing an, die Vereinigten Staaten legten nach. Und jetzt haben auch wir eine Komödie, in der drei WG-Bewohner ein Baby bemuttern, das ungeplant bei ihnen landet. Der Clou: Diesmal sind es deutsch-türkische Brüder, die sich pausenlos mit den ganz großen Themen beschäftigen - Familiensinn und Verantwortung, Schuld und Vergebung. Sinan Akkuş verquirlt Migrantenklischees, Romantikschmalz und zuverlässig krepierende Gags zu einer ranzigen Klamauksuppe.

Baymax - Riesiges Robowabohu

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(Foto: dpa)

Weil Disney mit den Marvel-Studios den Hollywood-Goldesel der Stunde besitzt, dürfen deren Superhelden nun auch in der klassischen Trickfilmsparte ran. Basierend auf dem Comic "Big Hero 6" erzählen Don Hall und Chris Williams die Geschichte eines Jungen und seines Luftballon-Roboters Baymax, die gemeinsam die Welt retten müssen. Doch sowohl dem Ballon-Helden als auch dem Film gehen bald die Luft aus. "Baymax" und weitere Filmstarts hier im Video.

Boyhood (Wiederaufführung)

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(Foto: AP)

Im Oscar-Rennen in aller Munde, darum jetzt noch einmal zurück im Kino. Im Mittelpunkt steht Mason (Ellar Coltrane), ein Junge in Texas, der am Anfang Erstklässler ist und am Ende aufs College geht. Zwölf Jahre hat Richard Linklater an diesem Film gearbeitet, von 2002 bis 2013. Jedes Jahr wurden ein paar Szenen mit Mason und seiner Familie gedreht - so kommt Linklater in diesem einmaligen Filmexperiment der Magie des Heranwachsens auf die Spur. Und der Zeit selbst. Eine ausführliche Rezension zu "Boyhood" lesen Sie hier.

Fräulein Julie

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(Foto: dpa)

Klassen- und Geschlechterkampf in der Mittsommernacht: Liv Ullmann inszeniert Strindberg, mit Jessica Chastain und Colin Farrell als Hauptakteuren eines Verführungs- und Machtspiels. Das klingt spannend - wirkt am Ende aber doch verstaubt: weil der Film erst gar nicht die Frage stellt, warum wir uns heute für die verlorene Ehre dieses Fräuleins interessieren sollen.

Die Hüter der Tundra

5 / 10
(Foto: W-film / Lichtblick Film)

In der russischen Tundra, dort, wo man mangels Straßen nur noch mit dem Hubschrauber hingelangt, befindet sich das Dorf Krasnotschelje. Dessen Bewohner, die Sami, leben von der Rentierzucht, kommen jedoch zunehmend in die Bredouille, weil sich Rohstoffkonzerne über die Weidegebiete hermachen wollen. Wie sich der Alltag unter derartigen Bedingungen gestaltet, zeigt René Harders Dokumentarfilm - ästhetisch unerheblich, politisch aber sympathisch.

The Imitation Game

6 / 10
(Foto: dpa)

Hitlers Wehrmacht jagt alle ihre Funksprüche durch eine geheime Chiffriermaschine namens Enigma, deren Codes als unentschlüsselbar gelten. Bis der Mathematiker Alan Turing, Vordenker der künstlichen Intelligenz, beim britischen Geheimdienst anheuert - und Churchill persönlich ihm grünes Licht gibt, eine monströse Gegenmaschine zu bauen. Benedict Cumberbatch spielt das schwule Genie als beinah autistischen, oscarverdächtigen Stinkstiefel, und Morten Tyldum erzählt die wahre Geschichte durchaus effektvoll - selbst für Mathe-Verächter. Eine ausführliche Rezension zu "The Imitation Game" lesen Sie hier.

Missverstanden

7 / 10
(Foto: Stefano Iachetti)

Inspiriert von Luigi Comencinis "Incompreso" (1967) zeichnet Asia Argento das Porträt der unverstandenen, von ihren egoistischen Künstlereltern vernachlässigten neunjährigen Aria (Giulia Salerno) im Rom der frühen Achtziger. Toller Film über jemandem "ohne Bedeutung" für alle anderen, gefangen in einer barocken Albtraumwelt, welche die Drastik ihrer Erlebnisse ebenso verfremdet wie intensiviert. Eine ausführliche Rezension zu "Missverstanden" lesen Sie hier.

Mortdecai - Der Teilzeitgauner

8 / 10
(Foto: AP)

Mortdecai ist Lord, Kunstsachhistoriker und der Captain Sparrow unter den Gaunern, denn Johnny Depp spielt ihn, mit dem gewohnten beschwipsten Charme und ungewohntem Schnurrbart. Der tollpatschige Mortdecai legt sich mit dem MI5, Oligarchen und Terroristen an, auf der Suche nach einem verschollenen Goya. Ehefrau (Gwyneth Paltrow) und Möchtegern-Nebenbuhler (Ewan McGregor) sind immer auf seinen Fersen. Irgendwie befreit er sich aus jedem Schlamassel - denn David Koepps hübscher, stylischer Action-Klamauk ist deutlich als Serie angelegt. "Mortdecai" und weitere Filmstarts hier im Video.

Ouija - Spiel nicht mit dem Teufel

9 / 10
(Foto: Universal Pictures)

Naive Teenager nehmen Kontakt ins Jenseits auf und müssen deshalb sterben. Die Verbindung von den Lebenden zu den Toten stellt das titelgebende Ouija-Brettspiel her, das die Verstorbenen herbeizitiert. Regisseur Stiles White besorgt sich ein paar verstaubte Gruselfilm-Motive, setzt sie grob zusammen und geht Logik oder Spannung geschickt aus dem Weg.

Wir sind jung. Wir sind stark.

10 / 10
(Foto: dpa)

Eine Spielfilmaufarbeitung der Ausschreitungen gegen Asylbewerber im Rostocker "Sonnenblumenhaus" 1992. Burhan Qurbani erzählt die Geschichte einer Gruppe Teenager, die sich durch Postwende-Blues und 90er-Ennui immer mehr radikalisieren. Ein heftiges Porträt von Ausländerhass und Adoleszenz - wenn auch durch Schwarzweiß-Schwelgerei und abenteuerliche Kamera-Manöver manchmal etwas überstilisiert. Eine ausführliche Rezension zu "Wir sind jung. Wir sind stark." lesen Sie hier.

© SZ vom 22.01.15 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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