Kurzkritiken zu den Kinostarts der Woche:Die Kettensäge brummt wieder

Das Blutgericht in Texas feiert 40. Jubiläum, ein einsamer Mann bestattet Verstorbene in London. Und Herkules muss erleben, dass Heldsein nicht mehr so fetzig wie früher ist. Für welche Filme sich der Kinobesuch lohnt - und für welche nicht.

Von den SZ-Kinokritikern

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Amma und Appa

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Quelle: Zorro Film

Einmal, bei einem ungehörig theatralischen Gefühlsausbruch Franziskas, wird es ernst mit dem Kultur-Clash. Franziska Schönenbergers Dokumentation und Selbstportrait einer bayrisch-indischen Liebesgeschichte ist charmant erzählt und erweckt den Eindruck, dass es längst eine kontinentübergreifende Middleclass-Internationale gibt, die kulturelle Differenzen zu folkloristischen Anekdoten zusammenschnurren lässt.

Rainer Gansera

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Another Me

Kinostart - 'Another Me - Mein zweites Ich'

Quelle: dpa

Böse Mitschüler, schwierige Eltern, das reicht für ein armes Teen-Mädchen nicht aus: Regisseurin Isabel Coixet stellt ihr eine unheimliche Doppelgängerin zur Seite, ob echt oder eingebildet ist nur anfangs eine Frage. Dann wird das "andere Ich" so schnell so real, dass sich die Grusel-Versuche des Films eher albern ausnehmen - aber der Schritt in die Realität eines Thrillers wird auch nicht gewagt.

Im Bild: Sophie Turner als Fay.

Doris Kuhn

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Blutgericht in Texas

Kinostart - 'The Texas Chainsaw Massacre'

Quelle: dpa

Zum 40. Jubiläum kommt das legendäre "Texas Chainsaw Massacre/Blutgericht in Texas" restauriert und ungekürzt nochmal ins Kino. Tobe Hooper hatte seinen Horrorfilm über fünf Jugendliche, die in der texanischen Einöde von einer Kannibalenfamilie mit der Kettensäge zerlegt werden, einst als zynischen Kommentar auf die Friedensbewegung und die sexuelle Revolution angelegt - ein tragikomischer Alptraum mit erstaunlichen Slapstick-Elementen.

Im Bild: Gunnar Hansen als Leatherface.

David Steinitz

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Erlöse uns von dem Bösen

Kinostart - 'Erlöse uns von dem Bösen'

Quelle: dpa

Mit ihren Kriegstraumata haben drei amerikanische Soldaten aus dem Irak noch ganz andere Monstren eingeschleust, weshalb es der New Yorker Cop Sarchie (Eric Bana) gehäuft mit Fällen von hässlicher, häuslicher Gewalt zu tun bekommt. Er ist der Lotse, der den Zuschauer von den Fakten des Verbrechens langsam zum Glauben an Teufelswerk, von klassischer Polizeiarbeit zum Exorzismushorror führen soll. Doch der Weg, den Scott Derricksen (Der Exorzismus von Emily Rose) ihm bereitet, ist dann doch eher holprig und hanebüchen, darüber kann weder die düster modrige Sinnlichkeit der Schauplätze hinwegtäuschen, noch der True Story-Hinweis im Vorspann.

Neu im Kino: "Erlöse uns von dem Bösen" vorgestellt im Video.

Im Bild: Eric Bana als Sarchie.

Anke Sterneborg

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Herkules

Dwayne "The Rock" Johnson als Hercules

Quelle: Paramount Pictures France

Das Heldsein ist auch nicht mehr so fetzig wie früher, das erlebt der Halbgott Herkules, verkörpert von Dwayne Johnson, und Brett Ratner zeigt ihn in diesem Film schwer beschäftigt, immer neue Aufträge für seine kleine Söldnertruppe zu akquirieren, in Auseinandersetzungen mit lemurenhaften Kriegern oder überstarken Zentauren. Die Arbeitgeber, die Herrscher der Antike, haben nun unerwartet miese Hintergedanken, und die PR wird - der Mord an Frau und Kindern! - zum Problem.

Neu im Kino: "Herkules" vorgestellt im Video.

Im Bild: Dwayne Johnson als Herkules.

Fritz Göttler

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Lola auf der Erbse

Kinostart - 'Lola auf der Erbse'

Quelle: dpa

Als störrische, tapfere Tagträumerin stapft Tabea Hanstein als Titelheldin durch Thomas Heinemanns Kinderfilm: eine Sommergeschichte, die versucht Huckleberry Finns herbe Hausbootromantik und den Heldenmut einer Pippi Langstrumpf in die deutsche Provinz zu verpflanzen. An einigen Stellen gelingt das erstaunlich gut, an anderen lösen sich die zeitgemäßen Notlagen - die elternlose Abenteurerin ist längst Scheidungskind, Twains Sklaven Migranten - zu schnell in wohlmeinender Völkerverständigung auf.

Im Bild: Tabea Hanstein als Lola Lachmann.

Annett Scheffel

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Mit ganzer Kraft

Kinostart - 'Mit ganzer Kraft'

Quelle: dpa

3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren, danach ein Marathon: das ist der Ironman France. Dass ein Schwerbehinderter das schafft - undenkbar. Genau davon aber erzählt Nils Taverniers mitreißender, warmherziger Film, wie Julien im Rollstuhl zusammen mit seinem Vater zum Triathleten wird. Sportlich wie menschlich ist das eine Höchstleistung, die Tavernier in seinem Film feiert. Das Leben als Ausdauersport.

Neu im Kino: "Mit ganzer Kraft" vorgestellt im Video.

Im Bild: Paul Amblard (Jacques Gamblin, links) und Julien Amblard (Fabien Heraud).

Martina Knoben

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Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit

Eddie Marsan in "'Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit"

Quelle: dpa

Leben ist, wenn es mit anderen geteilt wird. Zuerst fächert Uberto Pasolini fein komponierte Stillleben auf: aus dem Alltag eines einsamen Mannes (brillant: Eddie Marsan als Mr. May), der sich in London amtlich um die würdevolle Bestattung einsam Verstorbener kümmert. Dann weitet sich die melancholische Meditation Schritt für Schritt zur strahlenden Hymne auf Leben, Liebe und nachbarschaftliche Solidarität.

Im Bild: Eddie Marsan als John May.

Rainer Gansera

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Ohne dich

Kinostart - 'Ohne Dich'

Quelle: dpa

Hochkarätige Darsteller (Katja Riemann, Charly Hübner, Meral Perin), an den Haaren herbeigezogene Problem-Geschichten. Hebamme mit unheilbarem Tumor, Außenseiter-Girl mit ungewollter Schwangerschaft, Putzfrau mit Liebeskummer und Rachegelüsten. Drei Szenarien aus dem aktuellen Handbuch der filmförderungstauglichsten Betroffenheitsklischees verquirlt Alexandre Powelz in seinem Kinodebüt zum Schicksals-Cocktail.

Im Bild: Charly Hübner als Marcel Landhaus und Katja Riemann als Rosa.

Rainer Gansera

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Sto spiti - At home

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Quelle: J.M. Louis / SHNP 3

In Athanasios Karanikolas' stillem Melodram wird die ökonomische Krise zur privaten: Haushälterin Nadja ist die gute Seele in dem gläsernen Designkubus mit Blick auf die griechische Ägäis. Als sie krank wird, erlebt sie soziale Kälte und subtile Machtausübung. Elegante Cinemascope-Bilder zeigen kühle und beherrschte Emotionen in einer Welt, in der Güte als Dummheit ausgelegt wird.

Im Bild: Maria Kallimani und Zoi Asimaki.

Anna Steinbauer

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Who cares? - Du machst den Unterschied

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Quelle: Quem se importa

Selbst "den Unterschied zu machen", dazu will die brasilianische Regisseurin Mara Mourão ihre Zuschauer ermutigen. Social Entrepreneurs, die das schon tun, hat sie in sieben Ländern besucht. Entstanden ist eine menschenfreundliche Doku, die allerdings ein paar Kalenderspruchweisheiten zu viel enthält. Die Menschen, die hier von ihren Projekten erzählen, wären auch ohne großen moralischen Überbau interessant genug gewesen.

Anna Mayrhauser

© SZ.de/tgl
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