Kurzkritik:Zwielichtkönner

ARD-Wettbewerb: Für 18 Bratscher geht es in Runde zwei

Von Harald Eggebrecht

- Den speziellen Zauber der Bratsche als Soloinstrument haben sich Komponisten jahrhundertelang entgehen lassen. Nicht einmal Johann Sebastian Bach, der ein guter Bratscher gewesen sein soll, hat für die Viola ein Solostück geschrieben. So mussten sich die Wettbewerbskandidaten im BR-Studio mit Transkriptionen der Bach'schen Cellosuiten oder Violinsonaten und -partiten behelfen. Erst mit Max Reger und Paul Hindemith setzte eine anwachsende Beschäftigung mit der Viola ein, die bis heute anhält.

Denn in diesem Instrument stecken gleich mehrere Klangcharaktere. Manche Spieler lieben das dunkle volumenreiche Alttimbre, andere betonen stärker die mezzosopranartig hellen Klangfarben. Bei Ersteren klingt es dann überwiegend abgetönt, samtig, manchmal auch mulmig und undeutlich, bei Letzteren kann es in der Höhe schon mal gellen, und die tiefen Register kommen nicht recht zum Tragen. Bratscher aber, welche die Vielfalt der Aspekte bändigen können, sind Herrscher im Zwischenreich des Zwielichts, von Dämmerungen, plötzlichen Lichtungen ebenso wie von abgründigen Tiefen.

Schade, dass ihnen viel weniger Publikum lauschte als Gesang und Klaviertrio. Wann kann man die drei Reger-Solosuiten op. 131 d mehrfach, sehr unterschiedlich und oft perfekt hören, glänzende, attraktive Stücke, in die sich etwa der Russe Georgy Kovalev genauso engagiert stürzte wie der intonationsrein spielende Chinese Diyang Mei? Der Gefahr, die Bratsche in Richtung Violine oder Cello zu forcieren und damit eine Menge Nebengeräusche zu produzieren, entgingen etliche der 40 Teilnehmer nicht. Die Viola sträubt sich aber gegen offensiven Geigenglanz ebenso wie gegen Cellokraft. Die Japanerin Saki Ishida zeigte jedoch eine eigene Art sanfter Virtuosität, die Regers 2. Suite ebenso bekam wie Paganinis 20. Capriccio. Und Bachs 6. Cellosuite hatte unabweisbaren Charme. Für 18 Bratscher geht es jetzt in Runde zwei - nun auch mit Klavier - unter anderen um Schumann, Brahms, Hindemith und heutige Musik.

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