Kurzkritik:Zum Davonlaufen

Das Duo Welke & Wischmeyer in der Alten Kongresshalle

Von Thomas Becker

Im Kabarett gewesen. Nicht ausgehalten. Weggezappt. Ja, regelrecht rausgerannt aus der Alten Kongresshalle. Gegeben wurde "Im Herzen jung!", von und mit Oliver Welke & Dietmar Wischmeyer, und so schlimm, wie es begann, so schlimm ging es auch weiter. Los ging der Zinnober so: Auftritt Die zwei Flamingos, Welke & Wischmeyer in roten Anzügen, Gitarre in der Hand, volkstümliche Schlagermusik vom Band. In der nächsten Viertelstunde machen sie sich als Amigo-Tribute-Band über Bernd und Karl-Heinz Ulrich lustig, von deren Nummer-1-Hit des Jahres 2013 sie sich den Programmtitel geklaut haben. Schlagerfuzzis verarschen? Nichts leichter als das - und doch von jedem halbwegs fixen Sextaner locker zu toppen. Damit ist der Ton gesetzt, denn auch die nächsten Spottobjekte sind ähnlich dankbare Opfer: Claudia Roth, Donald Trump, die Bundeswehr, das ZDF und die Frisur von Ursula von der Leyen. Ach Gottchen.

Aber eigentlich geht es um das Thema Alter - was soll man von einem ZDF-Mann wie Welke und seinem Kompagnon Wischmeyer auch anderes erwarten als Geronto-Comedy? Schließlich ist der Durchschnittsgucker des Kukident- und Heizdecken-Senders um die sechzig, also in der "gut abgehangenen Lebensphase", in der "zwanghaft mopsfidelen Todeszone", wie Welke und Wischmeyer dichten. Brutal gedrechselt klingt das, was aber auch an der Präsentation liegen mag. Die beiden hocken fünf Meter nebeneinander hinter zwei Stehtischen und lesen vom Blatt, selbst Dialoge, die irgendwie spontan klingen sollen.

Dabei sind da ja keine Amateure am Werk: Welke als gefeierter Heute-Showler und Wischmeyer als Mann hinter dem ebenfalls zurecht preisgekrönten "Frühstyxradio". Das war allerdings schon Ende der 80er. Welke und ein gewisser Oliver Kalkofe waren Co-Autoren Wischmeyers. Warum aus diesem Begabten-Pool jetzt Sätze wie "Ein geiler Arsch ist immer noch besser als das SPD-Wahlprogramm" entfleuchen können, ist rätselhaft. Da bleibt nur noch die Flucht.

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