Der traumhafte Spätsommer, der Champions-League-Start oder die Fernsehaufzeichnung nebenan im Vereinsheim? Nein, die luftige Besetzung bei der Premiere von Sven Kemmlers neuem Programm hatte andere Gründe, wie man seinen einleitenden Worten entnehmen konnte: Es sei von der Lach- und Schießgesellschaft so geplant worden, weil unsereiner wertige Dinge ja gerne vor allen anderen entdecken wolle. Wäre es aber pickepacke voll, würde aus der Hochkultur - bäh! - sofort Mainstream. So offensiv und ironisch muss man erst einmal damit umgehen, dass Klassikernamen offensichtlich noch immer reflexartig ein breites Publikum vergraulen. Hatte Kemmler doch einen Shakespeare-Abend zusammengebastelt. Sogar unter dem eigentlich reißerischen Titel "To Fuck Or Not To Be", und das im Shakespeare-Jahr anlässlich des 400. Todestags des Dichters.
Die Frage, wer so ein Jahr wie und wozu ausruft, nutzte Kemmler zum netten Rundumschlag gegen freud- und humorlose Hochkultur-"Cellositzer". Dann kam er direkt zu Shakespeare; zu den Fragen, wie es dieser 200 Jahre lang völlig missachtete ausländische Dichter zum "Gefühlsdeutschen" gebracht, und ob es ihn überhaupt gegeben hat. Was Kemmler wiederum zu einer wunderbaren Parodie auf reißerische Fernseh-Dokus samt ihren "Experten" inspiriert, zu "Übersetzungen" des Shakespeare-Oxford-English in Alltagssprachen wie Cockney, den John-Wayne-Duktus, den japanischen Akzent a la Akiro Kurosawa oder Rapper-Slang. Der Höhepunkt ist sein Versuch, einem Japaner "Hamlet" zu erklären, was schon an den alles andere als dänischen Namen scheitert.
Mit dem Programm "Englischstunde" hatte der studierte Anglist Sven Kemmler bereits das ideale Format gefunden, seine sonore Stimme mit seinem sprachparodistischen Talent zuvereinen. Das klappt erneut toll und führt auch noch den Beweis, dass man sich sehr wohl sehr gut über seinem Niveau amüsieren kann (noch bis Samstag).