Kurzkritik:Yoga-Metal

Mike Patton und Dave Lombardo als "Dead Cross" im Strom

Von Marc Baumann

Die Einladung klang besorgniserregend: "Wir wollen, dass die Fans akustisch verprügelt heimgehen." Wenn das Dave Lombardo sagt, einst Drummer der Band Slayer, nimmt man die Ohrstöpsel mit - und noch ein zweites Paar, falls das erste rausfliegt, wenn man im Moshpit untergeht. Ein Moshpit ist der vor der Bühne entstehende Kreis, in dem sich das Publikum schubst und umrennt. Das darf man so lexikonhaft erklären, weil sich Musikfans zu Dead-Cross-Konzerten verlaufen könnten, die den anderen Mike Patton am Mikrofon erwarten.

Patton ist erst mal der Sänger der Band Faith No More, hat aber auch schon italienische Schlager der Fünfzigerjahre gesungen - mit Orchester und ziemlich gut. Das exakte Gegenteil von Schlager wäre: Dead Cross. Das Bandprojekt von Patton und Lombardo, benannt nach einem irrtümlichen US-Drohnenangriff auf Rote-Kreuz-Mitarbeiter. Musikgenre Thrash Metal. Für Schlagerfans: sehr schneller, sehr aggressiver Schreibrüllgesang mit wütenden Gitarren und Schlagzeug. Das so hinzubekommen ist hohe Kunst, klingt für Außenstehende aber wie Kreissäge. So zumindest die Blicke der Passanten auf der Lindwurmstraße, die den Noise-Rock der Vorband Zeus zugeweht bekamen.

Dann endlich: Dead Cross. Also erst mal nicht. In die etwas lange Wartezeit brüllte jemand "Wir müssen morgen arbeiten!" Mike Patton ist ja schon 49 Jahre alt, sein Publikum nicht so viel jünger. Die Band postete tagsüber Instagram-Stories vom Sightseeing. Altersmilde? Dafür begann Patton das Konzert mit dem ersten Ton mit einem Sprung ins Publikum, das ihn brav zurück zur Bühne reichte. Patton grinste, spuckte, streckte die Zunge raus, seinetwegen hätten die Zuschauer das Strom ruhig zerlegen dürfen, aber die beglückten Münchner beließen es bei wildem Mitnicken. Sie bekamen Thrash Metal in der Luxusvariante: erstklassige Musiker und ein stimmgewaltiger Sänger, der bei der Zugabe in den friedlichen Yogasitz runterging zum Slayer-Coversong "Raining Blood". Ein Abend, an dem nur die Ohren bluteten. Auf die gute Art.

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