Kurzkritik:Wienerinnenlied

Ernst Molden stellt sein "Frauenorchester" vor

Von Oliver Hochkeppel

Nach ein paar Stücken verspürte Ernst Molden Erklärungsbedarf: Mit den Jungs, mit denen er bislang unterwegs und eben auch schon im Lustspielhaus gewesen war, hätten sich immer Balladenprogramme ergeben. Darauf müsse man jetzt verzichten: "Die Balladen gehen sich mit den Damen nicht aus." Tatsächlich bringt das "Frauenorchester" eine neue Dynamik in Moldens Oeuvre: Der wuchtige E-Bass von Marlene Lachersdorfer (sonst bei Alma, aber auch bei Clueso und Soap & Skin). Die Rhythmusgitarre, die schillernde Alt-Querflöte und der füllige Satz-Gesang der selbst als Songwriterin erfolgreichen Sibylle Kefer. Und vor allem das druckvolle, wilde Drumming von Maria Petrova, inzwischen die gefragteste Schlagzeugerin der Wiener Szene.

Aber so forsch die vier zur Sache gehen, so sehr Molden seine Gitarre härter und verzerrter spielt als sonst, so stark offenkundig R&B und Southern Blues die mehr denn je dominierenden stilistischen Einflüsse sind, so sehr hat man hinterher trotzdem das Gefühl, man hätte vor allem eines gehört: Balladen. Dazu passt, dass Molden ein Stück als Gegenwehr gegen seine Vereinnahmung ins Neue Wienerlied deklariert. Damit habe er gar nichts zu tun. Was ebenfalls eine Definitionssache ist: Atmen seine Songs doch durch jede Pore Wiener Lokalkolorit, von den Orten (wie etwa die Donau-Altarme Blaues Wasser und Panozzalacke) über das Personal, wo es von sehr authentischen Schurls, Fredls und Mathildas wimmelt, bis zum melancholisch-morbiden Unterton, mit dem Molden alles am Ende doch wieder in Richtung Alkohol und Tod dreht - den klassischen Themen des Wienerlieds.

Ist aber völlig einerlei, ob oder wie man das einsortieren will. In jedem Fall hat sich Molden erneut als begnadeter Geschichtenerzähler erwiesen, der für seine skurrilen Impressionen stets einen eigenen Ton findet, sprachlich wie musikalisch. Und der mit seinem "Frauenorchester" wieder einmal kongeniale Begleiter an seiner Seite hat.

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