Süddeutsche Zeitung

Kurzkritik:Wie geschmiert

Mozarts "Così fan tutte" im Prinzregententheater

Von Barbara Doll

Dutzende Notenblätter segeln aus dem, nun ja, Himmel der Musikgeschichte, herab auf die kahle Bühne des Prinzregententheaters. Sechs junge Leute heben die Blätter auf, bestaunen sie, legen sie zu Stapeln zusammen. Aufgepasst, hier wird eine Oper entdeckt und neu sortiert, und diese Oper ist Mozarts "Così fan tutte". Die jungen Leute beschließen, das Stück aufzuführen und werden dabei selbst zu den Protagonisten.

Der Rahmen ist etwas banal, doch Regisseur Bruno Klimek macht zwei Dinge, die der Inszenierung mit Sängern der Theaterakademie August Everding so gut tun, dass sie läuft wie geschmiert: Er dampft die Handlung auf zweieinviertel Stunden ohne Pause ein, und er lässt eine eigene deutsche Fassung singen, mit einer glücklicherweise nicht anbiedernden Sprache.

Die alte Geschichte von Partnertausch und -täuschung wird nicht mit Theorie befrachtet, sondern einfach laufen gelassen - und so kommt dank der jungen Darsteller eine vergnügliche Opera buffa heraus. Christian Lange, mit lyrisch warmem Bariton, und Tianji Lin, ein feiner metallischer Tenor, sind als Guglielmo und Ferrando überzeugt von der weiblichen Treue. Den abgeklärten Strippenzieher gibt Bassist Gabriel Rollinson als Don Alfonso. Grandios singen und spielen die Frauen: Sopranistin Henrike Henoch und Mezzosopranistin Céline Akçağ als Fiordiligi und Dorabella überzeugen nicht nur in ihrem untröstlichen Schmerz. Henoch bekommt mit ihrem anrührenden, wunderschön phrasierten Gesang Zwischenapplaus; Akçağ ist eine glamouröse Bühnenerscheinung mit ebenso weicher, samtig fließender Stimme. Ayelet Kagan gibt eine herrliche Despina, die als aufgedrehte Komikfigur über die Bühne marschiert, die Männer mit einem Akkuschrauber wiederbelebt und mit glockenklarer Stimme die Handlung anheizt. Das Münchener Kammerorchester unter Clemens Schuldt spielt flüssig und zupackend auf, könnte sich zugunsten der Balance an manchen Stellen aber noch ein wenig zurücknehmen.

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Quelle:
SZ vom 30.11.2018
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