Kurzkritik:Von der Straße

Die Deutschrapper RAF Camora und Bonez MC in der Tonhalle

Von Magnus Rust

Die ersten Lieder in der Tonhalle sind Fußballhymnen, die vom wartenden Publikum gesungen werden. Gefolgt von einem skandierten "1-8-7", das auch immer wieder während vereinzelten Songpausen auftauchen wird. Es steht für die Crew der 187 Straßenbande, einer Handvoll Straßenrapper aus Hamburg, deren Mitglied Bonez MC ist. Zusammen mit dem Produzenten RAF Camora bildet er zurzeit das erfolgreichste Deutschrap-Duo der Republik. Ihr Album "Palmen aus Plastik" stürmte die Charts und erreichte binnen eines Jahres Platinstatus in Deutschland. Die Videos zu den Single-Auskopplungen erreichen zwischen 20 und 60 Millionen Klicks auf YouTube.

Den Abend eröffnet RAF Camoras Label-Kollege Joshi Mizu mit einer kleinen Warm-Up-Show und ein paar kräftigen Schlucken Wodka. Später stößt noch 187er Maxwell hinzu, damit ist die Gästeliste aber auch schon voll. Kein GZUZ, Hanybal oder Trettmann. Trotzdem geht es ordentlich zur Sache. Die Bässe der Dancehall- und Trap-Beats treiben durch den Raum. Textlich geht es um Gras, Feten und das Leben von Bonez MC und RAF Camora vor respektive nach dem Hype. Das ist inhaltlich so innovativ wie ein Liebes-Chanson oder eine Folge "Richterin Barbara Salesch", aber dabei immer verdammt musikalisch.

Text ist eben nicht einfach immer nur Text, sondern auch Melodie, Rhythmus, Atmosphäre. Und die Musik hat Verve. Nach 90 Minuten ist das routinierte Spektakel am Ende angelangt. Das Autotune der Stimmen klingt noch kurz nach. Gut produzierter Dancehall gepaart mit Straßenrap, das ist ein Novum in Deutschland und eine schöne Bereicherung für die Musiklandschaft. Wobei Bonez MC das Album gar nicht für ein Rap-Album hält. Genrediskussionen sind aber sowieso uninteressant, wenn die Show stimmt.

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