Kurzkritik:Voll Temperament

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Die Pianistin Maria Mazo im Gasteig

Von Klaus P. Richter, München

Was einen Kaltstart befürchten ließ, erwies sich als Tanz auf dem Vulkan. Denn wenn eine junge Pianistin ihren Konzertabend gleich mit Beethovens gewaltiger Waldsteinsonate beginnt, dann ist das nicht ungefährlich. Aber Maria Mazo ist eine ausgewiesene Beethoven-Expertin, die bereits den Internationalen Beethoven Klavierwettbewerb in Wien gewonnen hat. Deshalb entfesselte sie ihr Brio vulkanischer Lava gleich im "Allegro con brio" von Beethovens imperialer C-Dur Sonate.

Damit bewies die in Moskau geborene Pianistin bei der "Winners & Masters"-Reihe des Kulturkreises Gasteig, dass die sprichwörtliche russische Klavierpranke kein verblasster Mythos von gestern ist, sondern lebendiges Erbgut. Dazu gehört auch immer ein Sinn für dramaturgische Detailgestaltung. Mazo bewies ihn vor allem in der kurzen Adagio-"Introduzione" als Überleitung zum Schluss-Rondo und seinen komplizierten Spielfiguren mit einer plastischen Interpunktion.

Ihren Furor aus dem Prestissimo des Finalsatzes übertrug sie dann auch auf den "Danse infernale" aus einer Klavierbearbeitung von Strawinskys Feuervogel-Suite. Im "Höllentanz", einer Art Vorstudie zum "Sacre de printemps" ließ die rhythmische Ekstase vergessen, was an Klangfarbenreizen der orchestralen Instrumentation auf dem Klavier verloren geht. Aber in der sanften "Berceuse" entschädigte Mazo dafür durch subtil-nuancierte Anschlagskünste zwischen Lyrik und Eleganz.

Dass sie aber den Weg in die tiefe lyrische Andacht Beethovens einstweilen noch nicht gefunden hat, zeigte sich im Andante der Appassionata am Schluss ihres Programms. Nach dem feierlichen, choralartigen Gesang des Themas schien sie schon im zweiten Variationensatz den dritten mit seinen virtuosen, glitzernden Zweiunddreißigstel-Perlenketten zu antizipieren und ein wenig auch schon das stürmische Presto des Finalsatzes.

Dabei war sie dann wieder als vulkanischer "Feuervogel" mit überschäumendem Temperament, gewaltiger Steinway-Klangentfesselung und virtuoser Souveränität völlig in ihrem Element. Die beiden Zugaben blieben folgerichtig ganz im hitzigen Metier.

© SZ vom 28.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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