Süddeutsche Zeitung

Kurzkritik:Verwegene Mischung

"Kikagaku Moyo" aus Japan faszinieren im Strom

Von Anna Weiß

Die Stoßgebete nach Restkarten sind an diesem Sommerabend fast hörbar. In einer langen Schlange stehen Menschen vor der Abendkasse des Strom und bangen um ein Ticket. Grund ist die japanische Psychedelic-Rockband Kikagaku Moyo, die auf ihrer Europatournee in München stoppt. "Ich freue mich total auf das Konzert, diese Band ist der Wahnsinn", prophezeit Veranstalter Veit Oberrauch, der die Gruppe in seiner Konzertreihe "Behind The Green Door Events" zum zweiten Mal nach München holt.

Die Vorband Wax Machine spielt mit ihrer flirrenden Musik gegen die Aufregung des Publikums an. Das flippt völlig aus, als die Musiker von Kikagaku Moyo auf der Bühne erscheinen. Ein besonderer Duft wabert durch den Saal. Die Japaner spielen konzentriert und ekstatisch. Dabei ist die Band ganz bei sich, hält wenig Kontakt mit dem Publikum und wirkt dabei jedoch nicht arrogant, sondern zieht die Zuhörer in den Bann der Musik. Das Konzert ist wie eine Traumreise, die mit sphärischen und psychedelischen Songs beginnt und innerhalb von kurzer Zeit in ausufernden, wilden Instrumentalparts mündet.

Die Musiker beherrschen ihre Instrumente virtuos. Alle fünf sind Multiinstrumentalisten, tauschen während des Konzerts die Instrumente, schenken ihrem Publikum erst ein schüchternes Lächeln, dann ein neues Klangerlebnis. Ihre Musik, die Anleihen aus dem Rock der Siebzigerjahre, aus Folk und indischer Musik enthält, wird neben Gitarre, Bass und Schlagzeug vor allem von der Sitar getragen; dazu bereichern kleine Percussioninstrumente einige Songs. Drummer Go Kurosawa drischt brachial auf die Trommeln ein, lässt dann die Drumsticks filigran wie Schläge von Kolibriflügeln auf sein Instrument rieseln. Seine Bandkollegen, zum Teil barfuß, sind bei der Zugabe so in ihrem Element, dass sie dem Publikum den Rücken zuwenden und in einem Kreis spielen. Tosender Applaus.

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Quelle:
SZ vom 19.08.2019
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