Süddeutsche Zeitung

Kurzkritik:Vergnügt

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MKO verbindet Klassik und Entertainment

Von Henrik Oerding, München

Weder mit Schauspielerei noch mit Humor haben Orchestermusiker viel auf der Bühne zu tun. Dass beides einem klassischen Konzert aber gut tun kann, zeigte das Münchener Kammerorchester (MKO) in seinem dritten Abonnementkonzert dieser Saison im Prinzregententheater.

Schon mit Strawinskis Pulcinella-Suite stand ein Schauspieler im Mittelpunkt: Im italienischen Volkstheater ist der Pulcinella ein "großer, betrunkener Tölpel". Eine Figur, die dem Saisonmotto des MKO gemäß, "vorwiegend heiter" ist. Und so spielte das Orchester auch: Lustvoll nahm Dirigent Clemens Schuldt die von Strawinski komponierten musikalischen Scherze an und nützte die scheinbar barocken Übertreibungen. Besonders Oboistin Tamar Inbar fiel mit virtuosen Läufen und tänzerischer Leichtigkeit auf. Schade, dass man sie zuweilen kaum hören konnte, weil die Blechbläser in der Gesamtbalance überpräsent waren. François Leleux legte Strauss' Oboenkonzert ebenfalls schauspielerisch an: Er drehte sich vom Publikum weg, schaute erst der Konzertmeisterin in die Augen und wandte sich dann dem Dirigenten zu. So gelang die Kommunikation zwischen Solist und Orchester ideal fließend. Passend, dass Leleux als Zugabe die Rachearie der Königin der Nacht spielte, so operesk war seine Interpretation.

Auch eine Uraufführung gab es: "Mantel" von Lisa Streich. Fragile Tonfolgen flossen durchs auf Streicher und Schlagwerk reduzierte Orchester, Peitschenschläge klatschten von links und rechts. Wer hätte aber gedacht, dass nicht die Uraufführung, sondern eine Haydn-Sinfonie Höhepunkt des Abends würde: In der 90. Sinfonie blühte das Orchester dank Schuldt voll auf. Den von Haydn einkomponierten Scherz, das Stück erst nur scheinbar enden zu lassen, nutzte das Orchester gleich zweimal und ließ das Publikum vergeblich applaudieren. Am Ende tauchte sogar Leleux aus dem Nichts auf und steuerte noch ein paar Töne bei. Das kann man albern finden. Unterhaltsam war es allemal.

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Quelle:
SZ vom 15.12.2018
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