Kurzkritik:Tohuwabohu

"Gog/Magog3: Israel" - eine Performance im Schwere Reiter

Von Eva-Elisabeth Fischer

Die Verwirrung ist groß, mental und emotional. Die Ursache: eine erdrückende Fülle gegensätzlicher Anschauungen und starker Emotionen, vorgetragen in Erzählungen und Bildern um ein künstliches Lagerfeuer herum. Das Tohuwabohu eines ganzen Landes, Israel, im eigenen Kopf beschwören ein Mann und zwei Frauen herauf. Sie tragen subjektive Erlebnisse und Erkenntnisse vor, welche in Summe den ideologischen Nährboden zweier feindlicher Lager ausmachen und gleichzeitig den schreienden Protest dagegen.

So stolpert man also nach knapp zwei Stunden "Gog/Magog 3: Israel" aus einer leider dürftig besuchten Performance aus dem Schwere Reiter. Man hat in einer fiktiven Ausstellung Podeste mit merkwürdig verrenkten Kunststoffskulpturen umrundet, immer schneller buchstäblich ein ums andere Mal die Seiten gewechselt. Am Ende ist man mittels einander gegenüberstehender Fotowände konfrontiert mit dem dramatischen Ergebnis eines Konflikts, der in unausgesetzte Indoktrination mündet: Auf der einen Seite palästinensische Kinder, die als Märtyrer sterben wollen; auf der anderen die Besatzer in den besetzten Gebieten, die dort - ein traumatisches Erlebnis - ein Kind getötet haben. Denn sie hielten es für einen aus Gogs Scharen. Gog aus dem Lande Magog ist der biblische Anführer, der vor dem Weltenende das Volk Israel zu zerstören sucht und wie alle Feinde Israels von Gott geschlagen wird. So steht es geschrieben.

Der dritte Teil von "Gog/Magog" basiert auf einer zur Performance verdichteten Internetrecherche unter dem Label Internil. In diesem Fall liefert die Nichtregierungsorganisation "Breaking The Silence" von israelischen Soldaten, die in den besetzten Gebieten ihren Dienst ableisten mussten, das Material. Einen Dienst, der unauslöschliche Spuren hinterlässt. Den Nukleus des Konflikts bildet die Stadt Hebron, wo einst Abraham in der Höhle von Machpela das Grab für Sarah fand; Hebron, wo 180 000 Palästinenser leben und 800 von 500 Soldaten geschützte israelische Siedler. Maria Miller Dessau, Arne Vogelgesang und die unheimlich intensive Hori Izhaki erzählen von sich selbst und schlüpfen in fremde Geschichten und Identitäten. Ein starkes Stück.

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