An diesem Mann mag man nichts beanstanden: nicht den Clown, der, wie im Heimatland des Mexikaners Rolando Villazón üblich, noch den Tod mit viel Klamauk feiert und damit bannt; nicht das permanente Flirten des Tenors mit dem Publikum - und sei es mit tanzenden Augenbrauen, einer Mimik, Gestik und einem Spiel der Beine und Füße, als wäre Charlie Chaplin mal schnell von den Toten auferstanden. Auch nicht den so ungemein sympathischen und authentischen Sänger möchte man kritisieren, der, am Flügel herrlich feinsinnig begleitet von Carrie-Ann Matheson, barocke Arien von Bononchini, Durante, Alessandro Scarlatti und das später von Händel geklaute "Caro mio ben" Giuseppe Giordanis doch so stilsicher singen kann, sie aber mit der Last der Expression fast erdrückt.
Ähnlich ergeht es Liedern von Vinzenzo Bellini wie dem berühmten "Vaga luna". Dabei hat Villazón erst vor kurzem bewiesen, wie schön und fein er Pylades in Glucks "Iphigénie en Tauride" in Salzburgs "Haus für Mozart" singen und gestalten kann. Die drei Lieder aus Rossinis späten "Soirées musicales", darunter das populäre "La Danza", waren entzückende Miniaturen, die Villazón über das komponierte Augenzwinkern hinaus noch heftig ironisierte.
Zu Hochform lief der 44-Jährige mit dem in der Mittellage immer noch so schönen, charakteristischen Timbre in vier Liedern Verdis auf, bei denen endlich verzehrender Ausdruck und bedingungslose Leidenschaft ganz zur Musik passten. Mittlerweile muss Villazón allerdings jeden Spitzenton meiden und kann kaum kaschieren, dass die Stimme in der Tiefe bei zwei, drei Tönen einen arg rauchigen, spröden Klang annimmt. Als Zugaben folgten einem wunderbar ernsten Lied Tostis nicht zuletzt das unverwüstliche "Funiculì, Funiculà" und jede Menge Geschenke der älteren Damen aus der ersten Reihe, für die sich Villazón sichtlich gerührt - und amü-siert - mit Blüten aus seinen Sträußen bedankte.