Kurzkritik:Sängerfest

Verdis "Attila" konzertant im Prinzregententheater

Von Michael Stallknecht

Giuseppe Verdis "Il Trovatore" sei ganz einfach aufzuführen, soll Caruso gesagt haben, man brauche nur die vier besten Sänger der Welt. Das gilt mit leichten Abstrichen eigentlich für die Gesamtheit jenes Typs romantischer italienischer Opern, der darauf ausgelegt ist, drei oder vier Sänger in gleichberechtigt großen Rollen möglichst optimal zu präsentieren. So auch für Verdis relativ selten gespielten "Attila" aus dem Jahr 1846, dessen große heroische Gesten ohne entsprechend große Stimmen ins Leere laufen.

Das Münchner Rundfunkorchester ließ sich zum Saisonauftakt nicht lumpen und kaufte für das erste seiner Sonntagskonzerte im Prinzregententheater eine Sängerriege ein, die selbst der Mailänder Scala zur Ehre gereichen würde: Der Bass Ildebrando D'Arcangelo gebietet über die kernige Kraft, aber auch die weicheren und reflektierenden Farben für den Hunnenfürsten Attila, während der Bariton George Petean den Ezio mit der weltmännischen Eleganz des stolz geborenen Römers ausstaffiert. Nur Stefano La Colla klebt noch ein wenig zu sehr an den Noten, um in der Partie des Foresto seinen eigentlich schön timbrierten Tenor frei entfalten zu können. Dafür lotet die Sopranistin Liudmyla Monastyrska als wahre Diva alle Farben der Odabella zwischen Löwenmutter und Perserkatze aus, triumphiert mit flammenden Höhen ebenso wie mit geschmeidigen Koloraturen, beherrscht als einzige Frau den Ring mit phänomenaler Durchschlagskraft wie mit sanft trillernden Pianolinien.

Doch wahrscheinlich liefe selbst dieses grandiose Sängerfest auf Dauer leer, wenn es nicht von einem ebenso grandiosen Dirigat dramatisch gebündelt würde. Ivan Repušić, Chefdirigent des Münchner Rundfunkorchesters, verleiht Verdis Frühwerk sehnige Kraft und federnden Schwung, rhythmischen Drive und trocken explodierende Wucht, lässt Atmosphären farbsatt ausmalen und Streicherlinien innig singen, worüber sogar der BR-Chor eine bislang selten gehörte Lust an praller theatraler Sinnlichkeit entdeckt. Das Publikum spart denn auch während der Aufführung schon nicht mit Bravo-Stürmen, wie man sie sonst eher aus italienischen Opernhäusern kennt.

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