Kurzkritik Pop:Wirgefühl

"Green Day" geben sich in der Olympiahalle politisch

Von Dirk Wagner

"Ich glaube ja wirklich, dass Rock'n'Roll die Welt verändern kann", sagt Billie Joe Armstrong, Sänger der US-amerikanischen Punkband Green Day in der fast ausverkauften Olympiahalle. In ihrer zweieinhalbstündigen Show hebt die vor nunmehr dreißig Jahren gegründete Band dann auch hervor, worauf es ihr in einer veränderten Welt ankommt: "Keine Rassismen! Keine Sexismen! Keine Homophobien! Kein Donald Trump!" Stattdessen solle man eine globalisierte Gesellschaft nicht in Ihr und Wir einteilen, sondern als ein noch umfassenderes Wir begreifen. Allerdings scheint ein Donald Trump mit seinen politischen Forderungen dann doch nicht in dieses kollektive Wir von Green Day zu passen. Vielmehr liefert er Hasstiraden der Band wie "Holiday", die einst gegen George W. Bush gerichtet waren, eine neue traurige Aktualität.

Doch das Wir von Green Day definiert sich nicht nur über die Ausgrenzung jenes Präsidenten und der Werte, für die er steht. Die Band lädt zum Beispiel auch Zuschauer auf die Bühne, die dort gemeinsam mit dem live zum Sextett ausgeweiteten Trio singen. Oder die dort - wie einst der damalige Zuschauer und spätere Komiker Michael Mittermeier bei einem U2-Konzert in der Olympiahalle - als Gast die Gitarre spielen. Die 20-jährige Verena, die diese an diesem Abend sehr selbstbewusst spielt, darf das Instrument im Gegensatz zu Mittermeier bei U2 dann aber auch gleich behalten.

Natürlich hätte die Band letztlich auch mehr auf ihre Musik vertrauen dürfen, statt permanent T-Shirts ins Publikum zu schießen, Wasser über selbiges zu sprühen oder mit Pyrotechnik und explodierenden Knallkörpern sicher zu stellen, dass ihre Zuhörer ja nicht einschlafen. Das wären die nämlich ob der mitreißenden Songs ohnehin nicht, wie auch die letzte Zugabe beweist. Dort wird die von Billie Joe Armstrong alleine vorgetragene Akustik-Version von "Ordinary World" vom neuen Album "Revolution Radio" abgefeiert, als wäre auch dieser Song bereits ein Klassiker wie das abschließende "Good Riddance (Time Of Your Life)".

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