Süddeutsche Zeitung

Kurzkritik: Pop:Eine Frage des Stils

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Die "Mighty Oaks" in der Muffathalle

Von Sophie Garbe, München

Um Mitglied einer erfolgreichen Folk-Band zu werden, braucht man derzeit vor allem zwei Dinge: lässiges Hemd (am besten im Holzfäller-Stil) und Gesichtsbehaarung (je mehr, desto besser). Dieses Grundprinzip haben auch die Mighty Oaks offenbar so verinnerlicht, dass sich selbst Musiker, die sie nur auf Tour begleiten, nahtlos ins Bild fügen.

Vielleicht ist dieser stimmige Gesamteindruck einer der Gründe für den großen Erfolg des Folk-Trios. Ihr Debütalbum landete 2014 direkt in den deutschen Top Ten, es folgte eine ausverkaufte Tour. Nun sind die Wahl-Berliner mit ihrem neuen Longplayer "Dreamers" unterwegs und siehe da: Zumindest für das Konzert in München gab es schnell keine Karten mehr. Entsprechend hat sich eine große Fangemeinde bei dem Auftritt zusammengefunden. Textsicher singt das Publikum die großen Hits wie "Brother" oder "Back To You" mit, und über der Menge schweben die leuchtenden Bildschirme von dutzenden Smartphones, mit denen die Konzert-Highlights der Lieblingsband aufgezeichnet werden. Zu diesen Höhepunkten gehört mit Sicherheit der mehrstimmige Gesang, der vor allem in bedacht gewählten A-capella-Momenten seinen Zauber entfaltet. Aber auch die instrumentelle Vielfalt hat ihren Reiz, wenn Violinist Sebastian Schlecht mit der Loop-Station zu "Look Inside" sein eigenes Streichorchester baut oder Ian Hoopers rauchige Stimme sich durchdringend über verspielte Gitarren-Melodien und Mandolinen-Klänge erhebt.

Dennoch wagt die Band bei ihrem Konzert recht wenig und bleibt stattdessen lieber in der Welt des gefühligen Folk-Pops. Über ihr Image als Lightversion der Mumford & Sons hinauszuwachsen, will ihnen einfach nicht gelingen. Ob das nun tatsächlich beanstandet werden sollte, darüber lässt sich streiten. Es ist eben wie mit den Holzfällerhemden und Bärten: Sie mögen nicht jedem gefallen, für die aktuelle Folk-Welle haben sie sich jedoch als ebenso rentabel erwiesen wie softe Gitarrenmusik für die Mighty Oaks.

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Quelle:
SZ vom 27.04.2017
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