Kurzkritik:Oje, Klischee

"Die Ängste der Hengste" in der Drehleier

Von Thomas Becker

Das Mann-Frau-Ding geht immer. Da liegt die Zielgruppe bei hundert Prozent, mindestens. Wenn sich also zwei Komiker zusammentun und noch nicht so genau wissen, was sie erzählen wollen, ist das Mann-Frau-Ding eine Bank. Ein - natürlich selbstmitleidiger - Männer-Blick auf die Welt, die eine Frauen-Welt geworden ist: Ja, das müsste funktionieren. Vielleicht war die Genese von "Die Ängste der Hengste - ein kabarettistischer Junggesellen-Abschied" ganz anders, aber wer Jan‐Peter Petersen und Lutz von Rosenberg Lipinsky beim ersten gemeinsamen Bühnenprogramm in der Drehleier erlebt, der fragt sich zuweilen schon: Wie jetzt?

Angekündigt war Beziehungschaos. Das Dilemma: "Wir Männer haben gelernt, die Frauen glücklich zu machen, aber glücklich sind wir Männer dabei nicht geworden." Die Folge: Fatalismus, und der klingt dann so: "Männer sind wie Wolken: Wenn sie sich verziehen, wird's ein guter Tag. Frauen sind wie ein Taifun: Wenn sie kommen, wird's wild, und wenn sie gehen, nehmen sie Häuser und Autos mit." So könnte das weitergehen: brutalst aufgekratzte Klischeeschleuderei zweier hochfrequenter Quasselstrippen. Doch dann spielen plötzlich die üblichen Verdächtigen auch mit: Merkel, Seehofer, Trump & Co. sowie Helene Fischer als Running Gag - der Kaiser würde sagen: "We call it a Klassiker." Statt Beziehungen werden Politiker gebasht, und es geht um Ökonomie, Bruce Willis und Globuli - wie jetzt?

Erschwerend kommt hinzu: Die beiden vertrauen nicht dem Text, sondern glauben, dem Gesagten noch reichlich Mimik und Interaktion beimengen zu müssen - klarer Fall von Overacting. Gerade Rosenberg Lipinksy möchte man zurufen: "Halt ein! Lass wirken!" Fast wohltuend: die Solo-Nummern. Wortspiel und Spitzfinderei statt Geschnatter. Da schlägt die Bühnenerfahrung durch, Petersen am Hamburger Kabarett Alma Hoppe, Rosenberg Lipinsky als Comedian, der schon 1993 den Münchner Kleinkunstpreis und das Passauer Scharfrichterbeil gewann. Den Schluss legen sie beinahe poetisch an: "Nicht die Liebe ist unendlich, sondern die Sehnsucht danach." Geht immer.

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