Kurzkritik:Not und Hering

"Immer nie am Meer" von Bernd Steets im Zentraltheater

Von SABINE LEUCHT

Da hängen sie in einem Rahmen, der das Skelett einer Hollywoodschaukel sein könnte, aber im Zentraltheater ein Auto meint. Und wenn sie stumm vor sich hinstarren, ergibt das eine wunderbare Plastik zum Thema Ausweglosigkeit. Es wird aber dann doch viel gesprochen in Bernd Steets' "Immer nie am Meer", entstanden nach dem gleichnamigen Film aus dem Jahr 2007, hinter dem unter anderen das Autoren-Duo Stermann & Grissemann stand.

Im Klartext gibt es viel Midlife-Crisis-Zeug zu hören vom ersten Sex mit dem Kumpel oder (billiges) Entsetzen beim Vorher-Nachher-Vergleich der Figur der weiblichen Jugendliebe. Dabei ist die Situation, in der sich die drei Jungs Mitte 40 gerade befinden, existenziell. Denn der frisch verlassene Baisch, sein Schwager und der TV-Komiker auf dem Rücksitz sind mit dem Auto von der Straße abgekommen. Türen und Fenster werden von Bäumen versperrt, das Schiebedach von der Technik. Und weil der Oldtimer einst Kurt Waldheim gehörte, ist er mit Panzerglas gesichert, was der als Uno-Generalsekretär brauchte, während ihm als Nazi ein Pferd gereicht hat.

Ja, hin und wieder zielt diese "Psychogroteske" vage aufs Gesellschaftliche. Um aber wirklich zu treffen, fehlt es ihr an Finesse. Und auch der Regisseur Franz Josef Strohmeier lässt lieber jene Szenen ausspielen, in denen Heringssalatbröckchen im Gesicht und diverse Notdurften in Sektflaschen oder Handtaschen landen. Schließlich kann das Ausgeliefertsein an die eigenen Körperfunktionen jeder leicht nachvollziehen, womit diese "geschlossene Gesellschaft" aber nicht näher an Sartre oder Beckett rückt.

Zwischen zwei Bildschirmen, auf denen der Wald abwechselnd schwarz-weiß und farbig wird, und vielen Blacks orchestriert Franz-Xaver Zeller seine Verzweiflung mit fast orgiastischen Tönen und analog zur Psychologie seiner Komiker-Figur mit gefallsüchtigem Eifer. Norbert Ortner spielt den versoffenen Schwager als einen, der austeilt, aber eher direkt ist als böse. Und Christian Lex als Baisch agiert wie der stoische Bruder von Mr. Bean mit viel Mut zu ekligen Aktionen, so dass der Abend als Tragikomödie ganz gut funktioniert.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: