Kurzkritik:Noch leuchtender

Die Wiederaufnahme des "Parsifal" in der Staatsoper

Von Klaus Kalchschmid

Unvergessen ist der heitere und doch tiefsinnige "Parsifal" von 1994 in der Regie von Peter Konwitschny (Bühne: Johannes Leiacker) mit einem alles bestimmenden Baum. Der trug im zweiten Aufzug bunte Blätter und war im dritten verkohlt. Im vergangenen Jahr wurde diese helle Produktion ersetzt durch eine nachtschwarze von Georg Baselitz (Regie: Pierre Audi), bei der den ersten Aufzug Tannenbäume im Scherenschnitt um eine Opferstätte aus zum Scheiterhaufen geschichteten Stämmen dominieren. Im dritten steht diese Bühne Kopf, und die Magie stellt sich im bordeauxrot leuchtenden Karfreitagszauber ein.

Vornehmlich leuchtete es in der Wiederaufnahme aus dem Graben. Denn das wunderbare Staatsorchester unter der Leitung von Kirill Petrenko klang noch schöner und wärmer als bei der Premiere. Es gab die ganz großen Momente, etwa bei den langen, auch dank René Papes Gesangs- und Deklamationskunst immer spannungsvollen Gurnemanz-Erzählungen im ersten, oder beim elektrisierenden Vorspiel zum zweiten Aufzug. Fantastischen Passagen des ganz Verhaltenen standen Augenblicke der gewaltigen Entladung entgegen. Nina Stemmes Kundry hat ebenfalls enorm gewonnen, profund die Mittellage, mühelos die hochdramatische Höhe. Derek Welton, der in Bayreuth als vital jugendlicher Klingsor überzeugte, debütierte in dieser Partie an der Staatsoper.

Bereits oft großartig am Nationaltheater zu erleben und nun Rollen-Debütant als Amfortas: Michael Nagy. Behindert im Spiel durch einen starren Mantel und einen Stock, auf den er sich stützen musste, war er auch im Singen noch nicht ganz frei, konnte sich aber am Ende enorm steigern. So auch Burkhard Fritz, dem das Verführungsspiel nicht zuletzt darstellerisch weniger lag als der müde zurückkehrende Krieger, der seine Berufung gefunden hat und sie nun mit zurückhaltender, feiner Diktion zelebriert.

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