Süddeutsche Zeitung

Kurzkritik:Neunzig Minuten Neunzigerjahre

Ein orchestraler Hip-Hop-Abend in der Muffathalle feiert Dr. Dre

Von Jürgen Moises

Als Dr. Dre alias André Young 1999 sein Album "2001" herausbrachte, war das schon alleine durch die Beteiligung von Eminem und Snoop Dogg eine große Nummer. Heute, 20 Jahre später, gilt das Werk als Klassiker des Westcoast-Gangsta-Rap. In der Zeit danach konzentrierte sich Dr. Dre mit Ausnahme des erst 2015 nachgeschobenen Albums "Compton" auf seine Produzenten-Tätigkeit. Und auf die Leitung seiner mit Jimmy Iovine gegründeten Kopfhörer- und Lautsprecher-Firma, die die beiden 2014 für drei Milliarden US-Dollar an Apple verkauft haben.

Sich auf die Bühne zu stellen, hat der Beinahe-Milliardär Dr. Dre jedenfalls nicht mehr nötig. Deswegen macht das nun No Strings Attached für ihn. Ein britisches Kammerorchester, genauer: ein Streichquartett, ein Keyboarder, ein Bassist, ein Posaunist und der kalifornische Rapper Lexy P, die zusammen unter dem Titel "An Orchestral Rendition of Dr. Dre: 2001" auf Tour sind und bei einem ihrer zwei Deutschland-Termine jetzt in der vollen Muffathalle auftraten. Wieso? Um ein paar Erinnerungen zurückzubringen und eine Hip-Hop-Party wie im Jahr 1999 zu feiern. So erklärt jedenfalls Lexy P das Retro-Event, bei dem er, teilweise unterstützt von einem weiteren MC, in die Rollen von Eminem, Snoop Dogg & Co schlüpft.

Das macht er insgesamt recht gut, auch die Musiker werfen sich ins Zeug. Und man darf sehr wohl sagen, dass die Posaune ein im Hip-Hop zu selten genutztes Instrument ist. Bei Songs wie "The Watcher" und vor allem "Still D.R.E." herrscht richtig gute Stimmung in der Muffathalle, so dass man fast vergisst, dass das Ganze ja eigentlich nur ein Cover-Abend ist. Ein Stück von Snoop Dogg gibt es auch, ein Violin-Solo, und als Zugabe den 2Pac-Song "California Love". Was zeigt, dass das Ganze auch als Hommage an den Westcoast-Gangsta-Rap gedacht ist. Eine, die unterhaltsam ist, durchaus. Die zeigt: Hey, in den Neunzigern, da gab's schon ein paar coole Nummern. Nach 90 Minuten Nostalgie ist es damit aber auch wieder für ein paar Jahre genug.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4611041
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 23.09.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.