Am Ende kommt doch noch das schöne Lied "Ra Ra Rasputin, Lover of the Russian Queen" von Boney M. zu Gehör. Die "Russian Sex Machine", die darin beschworen wird, konnte man davor erleben wie im Kino, als sähe man einen Film von Eisenstein, also wild.
Moses Wolff hat "Rasputin" geschrieben und im Hofspielhaus inszeniert, ein Theaterstück über den mysteriösen und sagenhaften Pilger, der Anfang des 20. Jahrhunderts auf rätselhafte Weise den Zarewitsch in St. Petersburg von der Bluterkrankheit heilte. Ein munteres Leben muss Rasputin geführt haben, am Ende war es geprägt von groß angelegten Saufereien, davor von ungebändigter Lebenslust. Der Liebhaber der aus Darmstadt gebürtigen, letzten Zarin der Russen war er zwar wohl nicht, aber nicht erst bei Moses Wolff sorgt die Negierung der historischen Tatsachen für ganz einfach die bessere Geschichte. Wer ist schon an einem Priesterzausel interessiert, der sich durch die Betten des Volkes pflügt? Deshalb wird Rasputin bei Moses Wolff auch nicht ermordet, sondern lebt weiter als Beispiel der Liebe und Zärtlichkeit, als Gegenentwurf zu seinem Namensvetter ohne "Ras".
Das Plakat zur Produktion verheißt Großes, und tatsächlich geht es auch durchaus sexy zu, wofür vor allem Charlotte Stein und Sandra Seefried sorgen, die Zarentöchter, am Wanderprediger nicht nur wegen ihres Seelenheils interessiert. Neben ihnen spielt Lucie Mackert Zar und Zarin in ulkiger Personalunion, redet also manchmal mit sich selbst. Auf der Bühne spukt noch der an sich schon seltsame Organist Camillo Rota als flagellantisch begabter Bischof herum, während in den großartigen Stummfilmsequenzen Moses Wolff selbst die drei Damen gegebenenfalls mancher ihrer Kleidungsstücke beraubt. Wolff, der als Rasputin ausschließlich filmisch zu erfahren ist, handelt als Regisseur also nach einer Grundmaxime des Theaters, nach der schöne Frauen auf der Bühne schöne Dinge tun, wobei der Anlass dafür auch manchmal egal sein kann.