Süddeutsche Zeitung

Kurzkritik:Mit Wucht

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Der österreichische Kabarettist Robert Palfrader im Lustspielhaus

Von Oliver Hochkeppel, München

Dass er sich zunächst vorstellt, ist in seiner Heimat schon der erste Gag: Ist Robert Palfrader doch in Österreich eine Fernsehnase, die so gut wie jeder kennt: Aus Fernsehfilmen und Serien wie "Braunschlag" und "Altes Geld", vor allem aber aus den herausragenden ORF-Kabarettformaten "Wir sind Kaiser" und "Wir Staatskünstler". Bei der München-Premiere seines ersten Solo-Programms "Allein" im Lustspielhaus ist das schon zweckmäßiger. Vor allem aber kommt Palfrader so gleich zum Thema: "Ich bin also 50 Jahre alt", endet die Vorstellung, "aber wozu?" Es ist also die große Sinnfrage, um die es eineinhalb Stunden lang gehen wird.

Eine Frage, die Palfrader autobiografisch angeht; zunächst biologisch mit dem Kampf der Spermien bei seiner Befruchtung, bis hin zum Schlüsselsatz, den ausgerechnet ein kinderloser kommunistischer polnischer Anthropologe zu ihm sagte: "Wer keine Kinder kriegt, wird von der Evolution als nutzlos ausgesondert." Das führt ihn schnell zu den großen Menschenfischern und Sinnstiftern, also eher weg von den sonst gerne von ihm satirisch vorgeführten Unsinnsstiftern, den Politikern - der von ihm und den "Staatskünstlern" mit aufgedeckte Eurofighter-Skandal wird jetzt, acht Jahre später, gerichtsmassig. Es lenkt ihn hin zu den Religionen.

Fulminant führt der bekennende Atheist - "meine Ersatzreligion ist die Wissenschaft" - dann die Glaubensgrundsätze, Verkündigungen und Offenbarungen insbesondere seines angestammten römisch-katholischen Bekenntnisses ad absurdum. Was der "Volldeppen-Magnet" mit schauspielerischer Wucht und einer fein abgestimmten Mischung aus komischen Anekdoten und überraschend dazu gestellten Fakten unterfüttert. Ohnehin ist alles, was da gerne spontan wirkt, bis in die Details - etwa die Eingangsmusik mit Les McCanns "Compared to What" - ausgetüftelt. Ein Programm, das im Augenblick saulustig ist, das aber erst später richtig nachglüht. Und ein Fest für Agnostiker, nicht für Nihilisten.

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Quelle:
SZ vom 19.03.2019
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